Förderung von Schutzgebieten – Balanceakt zwischen Erhalt und Nutzung
Der steigende Bedarf an natürlichen Ressourcen setzt die globale Biodiversität zunehmend unter Druck. Deutschland unterstützt seine Partnerländer daher bei der Bewahrung der Artenvielfalt. Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) hat die bilaterale Förderung von Schutzgebieten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) untersucht. Die Evaluierung zeigt, dass die Biodiversität in den Schutzgebieten nur erhalten werden kann, wenn die sozioökonomische Situation der lokalen Bevölkerung verbessert wird und damit der Nutzungsdruck auf die Gebiete sinkt.
Schutzgebiete sind eines der wichtigsten Instrumente für den Erhalt von Artenvielfalt und Ökosystemdienstleistungen. Doch sind diese Gebiete durch Biodiversitätsverlust, Umweltzerstörung und Klimawandel zunehmend bedroht. Deshalb haben sich die Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention (Convention on Biological Diversity, CBD), darunter auch Deutschland, verpflichtet, weltweit mehr Flächen unter Schutz zu stellen. Bis zum Jahr 2030 sollen 30 Prozent der globalen Landfläche unter Schutz stehen. Darüber hinaus sollen die Länder des globalen Nordens ihre Partnerländer im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit beim Erreichen ihrer Biodiversitätsziele unterstützen. Mit der Förderung von Schutzgebieten verfolgt das BMZ im Sinne der Agenda 2030 zwei übergeordnete Ziele: die globale Biodiversität erhalten und zugleich sozioökonomische Entwicklungschancen für die Bevölkerung vor Ort schaffen.
Erhalt der Biodiversität: Wirkungen genauer erfassen
Wie die Evaluierung gezeigt hat, können die Maßnahmen des BMZ die nationalen Schutzgebietssysteme erfolgreich stärken. So unterstützt das BMZ die Partnerländer beim Management von Schutzgebieten, etwa durch den Bau von Parkinfrastruktur und Schulungen des Personals. Die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Biodiversitätsentwicklung sind in den verschiedenen Ländern jedoch unterschiedlich zu bewerten. So konnte die Biodiversität nur in wenigen Fällen nachweislich erhalten werden; mehrheitlich ließen sich Veränderungen nicht quantitativ belegen. Das DEval empfiehlt daher, die Förderung der Schutzgebiete im aktuellen Umfang beizubehalten und zusätzlich dafür zu sorgen, dass die Wirkungen genauer erfasst werden.
Schaffung von Entwicklungschancen: nur teilweise nachhaltig
Es gibt Nutzungsinteressen, die mit dem Biodiversitätsschutz in Einklang gebracht werden müssen. Die Förderung von Schutzgebieten soll dazu beitragen, die direkte wirtschaftliche Abhängigkeit der lokalen Bevölkerung von natürlichen Ressourcen und die damit oft einhergehende nicht-nachhaltige Nutzung von Schutzgebieten zu verringern. Beispiele dafür sind die Förderung von Öko-Tourismus als Einnahmequelle, die Vermarktung nachhaltiger Produkte und der Ausbau nachhaltiger Landwirtschaft. Allerdings gelingt es der Entwicklungszusammenarbeit damit nur teilweise, die nicht-nachhaltige Nutzung der Schutzgebiete zu verringern.
„In vielen Fällen konnte die Einkommenssituation der lokalen Bevölkerung zwar kurzfristig verbessert werden; langfristig können Betroffene ihren Lebensunterhalt aber oft nicht auf nachhaltige Weise sichern“, so Anna Sting, Teamleiterin der Evaluierung. „In einigen Fällen sind die geschaffenen Einkommensquellen krisenanfällig, etwa der Tourismus. In anderen Fällen fehlt den Gemeinden der Zugang zu regionalen oder nationalen Märkten, um ihre Produkte zu verkaufen.” Das DEval empfiehlt daher, innerhalb der Schutzgebietsförderung nachhaltige sozioökonomische Aktivitäten auszubauen und mit den ökologischen Zielen zu verzahnen. Dabei sollten auch innovative Maßnahmen pilotiert und bei Erfolg ausgeweitet werden, beispielsweise Zahlungen für Ökosystemdienstleistungen.
Beteiligung der Bevölkerung weiter ausbauen
Eine Möglichkeit, die passende Balance zwischen Schutz- und Nutzungsinteressen zu schaffen, ist die Partizipation lokaler Bevölkerungsgruppen im Schutzgebietsmanagement. Der Anspruch, diese Gruppen zu beteiligen, leitet sich unter anderem aus dem menschenrechtsbasierten Ansatz der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ab. Insgesamt zeigt die Evaluierung, dass partizipative Praktiken zwar angewandt werden, diese jedoch im Grad und im Zeitpunkt der Einbindung sowie in der Auswahl der Beteiligten stark variieren. Die Bevölkerung wird vorrangig informiert oder konsultiert, aber nur selten in die Entscheidungsprozesse mit einbezogen. Das DEval empfiehlt daher, die aktive Beteiligung der lokalen Bevölkerung weiter auszubauen.
Datengrundlage
Die Evaluierung stützt sich auf ein breites Spektrum an Interview- und Umfragedaten, die 2022 und 2023 erhoben wurden und den Zeitraum 2016–2021 abdecken. Zusätzlich wurden Sekundärdaten der Durchführungsorganisationen und wissenschaftliche Literatur herangezogen.
Der vollständige Bericht „Evaluierung der Schutzgebietsförderung durch das BMZ“ ist auf der Website des DEval abrufbar.
Über das DEval
Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) ist vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mandatiert, Maßnahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit unabhängig und nachvollziehbar zu analysieren und zu bewerten. Mit seinen strategischen und wissenschaftlich fundierten Evaluierungen trägt das Institut dazu bei, die Entscheidungsgrundlage für eine wirksame Gestaltung des Politikfeldes zu verbessern und Ergebnisse der Entwicklungszusammenarbeit transparenter zu machen. Das Institut gehört zu den Ressortforschungs-einrichtungen des Bundes und wird von Prof. Dr. Jörg Faust geleitet.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Amélie Gräfin zu Eulenburg
Abteilungsleitung Nachhaltige Wirtschafts- und Sozialentwicklung, Integritätsbeauftragte
Tel.: +49 (0)228 336907-930
E-Mail: amelie.eulenburg@DEval.org
Originalpublikation:
https://www.deval.org/de/publikationen/die-schutzgebietsfoerderung-durch-das-bmz