Neue Moleküle für neue Materialien: Graduiertenkolleg in der Chemie erhält millionenschwere Förderung der DFG
So genannte kovalente Bindungen sind das Rückgrat unserer Welt. Diese starken Bindungen – wie zum Beispiel zwischen zwei Sauerstoffatomen, die sich zu O2 zusammenfinden – galten bislang als nur schwer veränderbar. Ein nun bewilligtes Graduiertenkolleg an der Universität des Saarlandes möchte der gezielten Manipulation dieser Atombindungen auf den Grund gehen und so neuen Materialien den Weg bereiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt ab Oktober 2025 mit rund 6,3 Millionen Euro.
Die Welt, die uns umgibt, ist reine Chemie. Alle Materie besteht aus Atomen, deren Kern von einer mehr oder weniger großen Zahl Elektronen umgeben ist. „Die kovalente Bindung ist nichts anderes als die durch Elektronen vermittelte elektrostatische Wechselwirkung zwischen den Atomen“, sagt David Scheschkewitz. „Was wir Chemiker tun, ist, die negativ geladenen Elektronen zu bewegen und so die Bindungen zu verändern, zu brechen oder neu zu knüpfen“, erklärt der Professor für Allgemeine und Anorganische Chemie an der Universität des Saarlandes das, was die Chemie in ihrem Wesenskern ausmacht. „Der ganze Rest“ dieser vermeintlich komplizierten Wissenschaft leite sich aus diesem Grundprinzip ab. Auch die Natur bedient sich dieser simplen Prinzipien, indem sie Atome durch kovalente Bindungen miteinander verknüpft. Auf diese Weise entstehen selbst die kompliziertesten Moleküle und damit ein Gutteil der uns umgebenden belebten oder unbelebten Materie. Wenn David Scheschkewitz Chemie derart herunterbricht und erklärt, wirkt Chemie gleich ein bisschen weniger kompliziert.
Eine gute Grundlage für künftige Doktorandengenerationen, die im nun neu geförderten Graduiertenkolleg „Ec=m2“ („Engineering Covalent Bonds in Molecules and Materials“, „Steuerung kovalenter Bindungen in Molekülen und Materialien“) gemeinsam mit dreizehn Professorinnen und Professoren aus drei Fachrichtungen der Fakultät NT mit David Scheschkewitz als Sprecher darüber nachdenken, wie solche starken kovalenten Bindungen modifiziert werden können.
„Kovalente Bindungen sind seit über 100 Jahren bekannt. Lange Zeit galten sie als nur bedingt in ihrer Stärke veränderbar, da die Kräfte zwischen den Atomen, die durch diese Bindungen zusammengehalten werden, zu stark sind. In der Materialchemie hat man sich daher vor allem auf schwächere Formen der Bindung konzentriert, um Stoffe mit neuartigen Eigenschaften zu entwickeln“, erklärt David Scheschkewitz. Seit rund 20 Jahren allerdings wird in der modernen chemischen Forschung immer klarer, dass auch diese Atombindungen sehr wohl manipulierbar sind.
„Diese Erkenntnis ist Ausgangspunkt unseres Graduiertenkollegs, in dem unsere Doktorandinnen und Doktoranden dazu beitragen werden, die kovalente Bindung und Faktoren, die ihre Stabilität beeinflussen besser zu verstehen. Ec=m2 gibt ihnen alles an die Hand, um diese Prinzipien in der späteren Karriere gewinnbringend anwenden zu können“, erklärt David Scheschkewitz. So würde die Werkzeugpalette für das Design neuartiger Stoffe durch eine weitere vielversprechende Möglichkeit ergänzt. Auf dieser Grundlage könnten Materialien entstehen, die zum Beispiel gezielt bestimmte magnetische, elektrische oder optische Eigenschaften hätten.
„Die Einrichtung dieses Graduiertenkollegs ist ein Beleg für die Leistungsfähigkeit unserer Fachrichtung Chemie, die seit Jahrzehnten kontinuierlich auf hohem Niveau forscht und lehrt. Den Kolleginnen und Kollegen aus der Chemie und den weiteren beteiligten Fachrichtungen gratuliere ich zu diesem außerordentlichen Erfolg“, so Universitätspräsident Ludger Santen.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Graduiertenkolleg ab dem 1. Oktober 2025 mit rund 6,3 Millionen Euro über eine erste Förderperiode von fünf Jahren. 20 Promovierendenstellen sollen daraus finanziert werden. Über die weitere Förderung (maximal neun Jahre) entscheidet die DFG gegen Ende der ersten Periode.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. David Scheschkewitz
Tel.: (0681) 30271641
E-Mail: david.scheschkewitz@uni-saarland.de
Weitere Informationen:
http://www.ecm2.org