36 Millionen Euro für Forschung zu Organoiden, Mikroorganismen und Materialien
Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert sechs interdisziplinäre Forschungsgruppen zum Einsatz von Organoiden und synthetischen Biomaterialien und -organismen in der Medizin. Insgesamt 36 Millionen Euro erhalten die Teams in den kommenden sechs Jahren. Drei Projekte erforschen Möglichkeiten der gezielteren Platzierung von Medikamenten durch Nanopartikel, Mikroorganismen oder synthetische Biomaterialien. Drei Projekte beschäftigen sich mit der Analyse und Reproduzierbarkeit von komplexen Organoiden, künstlich hergestellten Miniaturversionen menschlicher Organe.
Alle sechs Projektteams überzeugten die Fachgutachter:innen in einem zweistufigen wettbewerblichen Verfahren. Start der Projekte ist zwischen Januar und April 2025.
„Eine genauere Analyse von Krankheitsbildern und die gezielte Platzierung von Medikamenten können neue Therapieansätze eröffnen“, ist Dr. Felix Streiter, Geschäftsführer der Carl-Zeiss-Stiftung, überzeugt. „Vor allem die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams aus Informatikern, Ingenieuren, Medizinern, Biologen und Chemikern eröffnet hier große Chancen für die personalisierte Medizin.“
Drei solche Forschungsteams untersuchen in Heidelberg, Ilmenau und Tübingen den Einsatz von Organoiden. Darunter werden Miniaturversionen menschlicher Organe verstanden, die aus Zellen mit Stammzellenpotenzial hergestellt werden. Sie ermöglichen die Untersuchung komplexer Krankheiten, indem sie unter anderem die Interaktionen von Zellen im dreidimensionalen Raum darstellen. Drei weitere Forschungsteams untersuchen in Mainz und Jena den Einsatz von synthetischen Biomaterialien und -organismen zur gezielten Platzierung von Medikamenten. Dadurch könnten Therapieerfolge gesteigert und Nebenwirkungen, beispielsweise in der Krebstherapie, deutlich reduziert werden. Neben synthetischen Biomaterialen und -verfahren stützen sich die Teams auch auf Methoden der mathematischen Modellierung und KI-Modelle.
Sechs Interdisziplinäre Forschungsansätze zu Organoiden und synthetischen Biomaterialien und -organismen
Organoide ermöglichen die Untersuchung komplexer Krankheiten wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurologische Störungen und Krebs. Im Projekt “POEM” wird die Herstellung komplexer Organoid-Modelle erforscht. Neue Herangehensweisen, automatisierte Herstellungsmethoden und maschinelles Lernen sollen die Reproduzierbarkeit der Organoide verbessern. Durch die Modelle könnten Tierversuche reduziert und eine bessere Krankheitsmodellierung ermöglicht werden. Ziel ist auch der Aufbau einer Organoid Plattform an der Universität Heidelberg.
An der Technischen Universität Ilmenau werden neue Techniken zur Analyse und Simulation von Gehirnorganoiden erforscht. Mithilfe von KI und mathematischer Modellierung sollen die Techniken entwickelt und für die gezielte Züchtung von Organoiden mit bestimmten Krankheiten eingesetzt werden. Ziel ist, dadurch bessere Einblicke in die Entstehung und den Verlauf der Krankheiten zu gewinnen. Ein Ansatz, der große Fortschritte für die personalisierte Medizin verspricht, da bislang Analyse- und Simulationsmethoden für Gehirnorganoide fehlen.
In der Behandlung von Krebs gewinnt neben der Strahlen- und Chemotherapie die moderne Immuntherapie an Bedeutung. Sie nutzt das körpereigene Immunsystem zur Bekämpfung der Krebszellen. Für die Therapieentwicklung werden Modellsysteme benötigt, die die menschliche Immunreaktion, die Tumorentstehung und die Reaktion auf Krebstherapien nachahmen. Im Projekt “ImmuneMPS” sollen an der Eberhard Karls Universität Tübingen menschliche Modelle des Immunsystems entwickelt werden. Organ-on-Chip und Organoid-Modelle bilden komplexe biologische Prozesse außerhalb des Körpers nach. Ein besseres Verständnis der Interaktionen zwischen Krebs- und Immunzellen ermöglicht personalisierte Therapieansätze.
Im Projekt “Nano@Liver” wird an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Entwicklung von speziellen Nanopartikeln erforscht, die Medikamente direkt in die Leber transportieren. Die gezielte Platzierung der Medikamente könnte Nebenwirkungen reduzieren und die Wirksamkeit der Behandlung von Lebererkrankungen verbessern - von Entzündungen, Stoffwechselstörungen bis hin zu Krebs. Für die Entwicklung werden KI und verschiedene biophysikalische Mechanismen genutzt.
Die Zunahme antibiotikaresistenter Bakterien stellt die moderne Medizin und die globale Gesundheitspolitik vor große Herausforderungen. Um neue Behandlungsansätze für multiresistente Bakterien zu entwickeln, setzt das Projekt “SynThera” an der Friedrich-Schiller-Universität Jena auf interdisziplinäre Ansätze aus dem Feld der synthetischen Biologie. Das Team erforscht die Entwicklung von therapeutischen Mikroorganismen, die multiresistente Krankheitserreger direkt am Infektionsort bekämpfen sollen.
Neurologische Erkrankungen ziehen nicht nur bleibende Beeinträchtigungen nach sich, sondern sind die am schnellsten wachsende Todesursache bei den nicht übertragbaren Krankheiten. Im Projekt InteReg an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz werden neue Therapieansätze für die regenerative Behandlungen von neurologischen Erkrankungen wie z. B. Multipler Sklerose erforscht. Ziel ist die Entwicklung von synthetischen Biomaterialien, die durch eine geeignete Umgebung die Zellregeneration anregen und eine kontrollierte Freisetzung von Medikamenten ermöglichen.
Weitere Informationen:
https://www.carl-zeiss-stiftung.de/themen-projekte/ausgewaehlte-projekte/life-science-technologies-synthetik