Energiestörung in Nervenzellen als Mitursache der Parkinson-Krankheit entdeckt
Kombinierte Zell- und Klinische Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse
Forschende der Philipps-Universität Marburg und Partneruniversitäten aus den USA haben einen entscheidenden Mechanismus der Parkinson-Krankheit identifiziert: Eine spezifische Stoffwechselstörung in den erkrankten Nervenzellen trägt maßgeblich zum Fortschreiten des Zellverlusts bei. Diese Störung führt zu einem ausgeprägten Energiemangelzustand in den Nervenzellen: Die Zellen werden dysfunktional, arbeiten nur noch unkoordiniert und sterben schließlich ab. Gleichzeitig häufen sich große Eiweißaggregate an, die von den eigentlich zuständigen Abbaumechanismen nicht mehr aus den Zellen entfernt werden können, berichten Dr. Fanni Geibl und Dr. Martin Henrich von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uni Marburg im Fachmagazin „Molecular Neurodegeneration“ (10/2024).
Interessanterweise ist dieser gestörte Abbaumechanismus der Eiweißanhäufungen sehr ähnlich zu einer anderen Gruppe von Erkrankungen, nämlich den sogenannten Lysosomalen Speichererkrankungen, für die kürzlich eine neue therapeutische Intervention zugelassen wurde. In Kooperation mit Prof. Dr. Wolfgang Oertel, Seniorforschungsprofessor an der Klinik für Neurologie der Phillips-Universität Marburg, konnte in einer klinischen Pilotstudie an Patient*innen sogar gezeigt werden, dass dieser Therapieansatz auch für die Parkinson-Krankheit vielversprechend erscheint.
In ihren Untersuchungen nutzten die Forschenden das sogenannte PFF-Mausmodell, das die von Parkinson verursachten Veränderungen in den Nervenzellen gegenwärtig am besten replizieren kann. Nur wenige Labors weltweit verfügen über dieses Modell; die Forschenden gingen hierzu eine Kooperation mit der Northwestern University in Chicago/USA und der Johns Hopkins University in Baltimore/USA ein. Während eines einjährigen Forschungsaufenthalts in Chicago konnten Dr. Geibl und Dr. Henrich mit dem Modell arbeiten und es in der Folge an der Uni Marburg etablieren.
„Die Ergebnisse sind von hoher Relevanz für die aktuell laufenden Entwicklungen neuer krankheitsmodifizierender Therapieansätze, also solcher Therapien, die die Parkinson-Krankheit verlangsamen oder gar stoppen können“, berichten Dr. Geibl und Dr. Henrich. Beide Forschenden sind aktiv im Clinician-Scientist-Programm (SUCCESS) der Universitätsmedizin in Marburg, einem integrierten Trainingsprogramm für forschende Ärztinnen und Ärzte, und leiten die Nachwuchsforschungsgruppe „Zelluläre Neuropsychiatrie“ in der Universitätsmedizin in Marburg.
Bildtext: Die Forschenden Martin Timo Henrich und Fanni Fruzsina Geibl. Foto: Rieke Heinrich
Bild zum Download: https://www.uni-marburg.de/de/aktuelles/news/2024/mth2024
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. med. Martin Timo Henrich
Dr. rer. nat. dr. med. univ. Fanni Fruzsina Geibl
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinik für Neurologie
Fachbereich Medizin
Philipps-Universität Marburg
Tel.: 06421 58-65200
E-Mail: martin.henrich@uni-marburg.de
Originalpublikation:
Geibl et al. Molecular Neurodegeneration (2024) DOI: 10.1186/s13024-024-00756-2