Forschungselite in Deutschland blickt pessimistisch in die Zukunft
- Stiftung Werner-von-Siemens-Ring befragt ausgezeichnete Jungwissenschaftler:innen zu ihren Forschungsbedingungen
- Nur 40 Prozent der befragten Forscher:innen sind mit den aktuellen Forschungsbedingungen zufrieden.
- 61 Prozent erwarten eine Verschlechterung der Forschungsbedingungen in den nächsten drei Jahren.
- Einsatz von KI weit verbreitet – dennoch bestehen Bedenken bei Datenqualität und Transparenz.
Berlin, 26.11.2024 - Der neue Forschungsmonitor der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring beleuchtet die Sichtweise eines exklusiven Kreises von Forscher:innen in Deutschland. Die Umfrage unter den von der Stiftung ausgezeichneten Jungwissenschaftler:innen, die zu den vielversprechendsten Forschungstalenten in Deutschland gehören, zeigt ein differenziertes Bild der aktuellen Forschungsbedingungen.
Zufriedenheit mit Forschungsklima gemischt
Mit den Forschungsbedingungen sind 40 Prozent der befragten Forscher:innen zufrieden, während 30 Prozent Kritik äußern. Besonders geschätzt werden bei den Forschungsbedingungen die Kooperationsmöglichkeiten, mit denen 56 Prozent zufrieden und 17 Prozent sehr zufrieden sind. Auch mit der Verfügbarkeit von Forschungsequipment und -infrastruktur sind 50 Prozent zufrieden und 22 Prozent sehr zufrieden.
Kritik wird vor allem beim Zugang zu Forschungsmitteln (22 Prozent eher unzufrieden, 6 Prozent sehr unzufrieden) und bei den Arbeitsbedingungen (5 Prozent eher unzufrieden, 11 Prozent sehr unzufrieden) geäußert.
Pessimistische Zukunftserwartungen
Auf die kommenden Jahre blicken die befragten Forscher:innen skeptisch: 61 Prozent der Befragten glauben, dass sich die Rahmenbedingungen in Deutschland weiter verschlechtern werden. Ein Drittel geht von gleichbleibenden Bedingungen aus. Keiner der Befragten erwartet eine Verbesserung der Situation.
Hürden beim Forschungstransfer
Ein weiteres Ergebnis des Monitors zeigt die Herausforderungen bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis. Ein Drittel der Befragten sieht den Wissenstransfer neutral, während 28 Prozent kritische Anmerkungen machen. Als Hindernisse werden unter anderem der Konflikt zwischen den Anforderungen an wissenschaftliche Veröffentlichungen und der Vertraulichkeit von Forschungsergebnissen in Zusammenarbeit mit Unternehmen sowie mangelndes Venture Capital für Scale-up-Phasen genannt.
KI in der Forschung: Chancen und ethische Bedenken
Künstliche Intelligenz spielt in der Forschung eine wichtige Rolle: Fast 40 Prozent der befragten Forscher:innen nutzen KI intensiv oder sehr intensiv. Ein Drittel der Befragten schreibt sich selbst Expert:innenkenntnisse beim Einsatz von KI in der Forschung zu. Gleichzeitig gibt es aber auch ethische Bedenken. Rund 39 Prozent äußern Vorbehalte, etwa hinsichtlich Datenqualität und Transparenz, während 50 Prozent wenig oder keine Bedenken haben.
„Unsere Umfrage gibt einen Einblick in die Perspektive von hoch engagierten und fähigen Forscher:innen in Deutschland - und diese zeigt ein geteiltes Bild: Einerseits gibt es eine grundlegende Zufriedenheit, etwa in Bezug auf Kooperationsmöglichkeiten und Ausstattung. Andererseits sehen wir erhebliche Defizite bei der Finanzierung und den Arbeitsbedingungen. Diese Herausforderungen gilt es ernst zu nehmen. Sonst laufen wir Gefahr, dass wertvolle Forschungstalente abwandern und der Wissenschaftsstandort Deutschland an Attraktivität verliert“, so Dr. Jan Fischer-Wolfarth, Geschäftsführer der Stiftung Werner-von-Siemens-Ring. „Vor allem der pessimistische Blick in die Zukunft ist alarmierend.“
Über den Werner-von-Siemens-Ring Forschungsmonitor
Die Stiftung Werner-von-Siemens-Ring hat den Forschungsmonitor ins Leben gerufen, um Forscher:innen in Deutschland eine Stimme zu geben. Die Umfrage wird regelmäßig unter den von der Stiftung ausgezeichneten Jungwissenschaftler:innen durchgeführt. Von rund 100 herausragenden Forschungstalenten haben im August und September 2024 insgesamt 20 Personen teilgenommen.
Über die Stiftung Werner-von-Siemens-Ring
Die Auszeichnung von Lebensleistungen in Technik- und Naturwissenschaften, die Förderung von Forschungstalenten sowie die Förderung der aktuellen Technikforschung sind erklärte Ziele der Stiftung. Der Werner-von-Siemens-Ring und die mit dem Ringpreis ausgezeichneten Persönlichkeiten sind seit über 100 Jahren wichtige Orientierungspunkte und Motivation immer neuer Generationen von Forscher:innen in den Technik- und Naturwissenschaften. Dafür engagieren sich im Stiftungsrat sowohl Ringträger:innen als auch hochrangige Vertreter:innen technisch-naturwissenschaftlicher Fachgesellschaften: der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft, des Bundesverbands der Deutschen Industrie und des Deutschen Verbands Technisch-Wissenschaftlicher Vereine. Der Werner-von-Siemens-Ring gilt als die höchste deutsche Auszeichnung für Personen, die durch ihre Leistung technische Wissenschaften wesentlich vorangebracht oder als Forschende neue technische Wege erschlossen haben.
Der Werner-von-Siemens-Ring wird 2024 an Dr. Peter Kürz (ZEISS SMT) und Dr. Michael Kösters (TRUMPF) für ihre bahnbrechenden Entwicklungen für die High-NA-EUV-Lithographie verliehen.
Zu den Ringträgern der letzten Jahre gehören Stefan Hell (Nano-Mikroskopie), Uğur Şahin, Özlem Türeci, Christoph Huber und Katalin Karikó (mRNA-basierte Wirkstoffe) sowie Jens Frahm (Erfinder des medizinischen MRT).
Der Werner-von-Siemens-Ring wird seit 1916 verliehen. Die VDI/VDE-IT GmbH betreut die Geschäftsstelle der Stiftung.
Weitere Informationen unter: https://siemens-ring.de/
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Stiftung Werner-von-Siemens-Ring
Katharina Fischer | Telefon: +49 (0) 30 310078 155
E-Mail: katharina.fischer@siemens-ring.de