Hochschule Geisenheim an neuem Innovationszentrum für Agrarsystemtransformation beteiligt
Die Hochschule Geisenheim soll einer von drei hessischen Standorten eines neuen Innovationszentrums des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) werden. Weitere Kooperationspartner sind die Justus-Liebig-Universität Gießen und die Universität Kassel. Ziel ist eine praxisnahe Agrarforschung in Reallaboren.
Das ZALF wird 2026 ein Innovationszentrum für Agrarsystemtransformation (IAT) mit Standorten in Brandenburg und Hessen eröffnen, unter anderem an der Hochschule Geisenheim. Der Antrag hierfür wurde am 22. November 2024 durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) bewilligt, steht aber noch unter dem Vorbehalt der Verabschiedung des entsprechenden Haushalts 2026.
Das Innovationszentrum soll den Wandel hin zu nachhaltigen und resilienten Agrar- und Ernährungssystemen fördern. Um das zu erreichen, werden sogenannte Reallabore eingerichtet. Anders als in rein wissenschaftlichen Projekten, in denen Experimente unter kontrollierten und standardisierten Bedingungen ablaufen, wird im Reallabor unter sehr praxisnahen, oft komplexen Bedingungen und im sogenannten Co-Design-Ansatz geforscht. Die Forschungsfragen werden von Beginn an mit Akteuren aus Praxis, Politik und Gesellschaft vor Ort in Kooperation mit der Wissenschaft entwickelt und Lösungen gemeinsam erprobt und reflektiert.
Drei der fünf geplanten Reallabore sollen in Hessen entstehen, eines davon im Rheingau mit einem Schwerpunkt auf multifunktionalen und klimaresilienten Weinbausystemen.
„Klimawandel, Kriege und die wachsende Weltbevölkerung stellen die Landwirtschaft vor große Herausforderungen. Die Hochschule Geisenheim forscht in Kooperation mit der Universität Kassel und der Justus-Liebig-Universität Gießen im starken hessischen Verbund zu agrar- und ernährungswissenschaftlichen Fragen der Zukunft. Für den Schwerpunkt, Multifunktionale und klimaresiliente Weinbausysteme‘ greift das Reallabor der Hochschule Geisenheim auf große Expertise im hochaktuellen Themenfeld der modernen Züchtungsmethoden im Weinbau zurück“, so der hessische Wissenschaftsminister Timon Gremmels.
Reallabor für multifunktionale und klimaresiliente Weinbausysteme
An der Hochschule Geisenheim werden im Rahmen des IAT zwei Arbeitsgruppen inklusive einer neuen gemeinsam mit dem ZALF berufenen W2-Professur für Mischkultursysteme im Weinbau eingerichtet. Die Arbeitsgruppen wollen unter anderem erforschen, wie der gleichzeitige Anbau von Reben und Obst, Gemüse oder auch Holz zur Biomasse- oder Wertholzproduktion gelingen kann. Darüber hinaus soll das Potenzial der Energiegewinnung durch Photovoltaik-Anlagen in den Weinbergen weiter erprobt werden. Auf Landschaftsebene sollen gemeinsam Strategien zur Verbesserung des Klimaschutzes und der Klimaanpassung entwickelt werden.
Hochschulpräsident Prof. Hans Reiner Schultz begrüßt die Bewilligung des Innovationszentrums: „Diese Entscheidung ist auch ein Meilenstein für die Transformationsforschung für Sonderkulturstandorte, wie z.B. die besonderen Landschaften für den Wein- und Obstbau, in eine tragfähige Zukunft. Da kann man nur allen am Konzept beteiligten Kolleginnen und Kollegen der verschiedenen Standorte danken, dass es zu diesem Real- und Landschaftslabor-Ansatz kommt, denn nur unter real-praktischen Bedingungen lassen sich alle Facetten eines Transformationsprozesses abbilden und damit möglichst schnell in die Anwendung bringen. Und dieser Umbau und dessen Umsetzung, auch unter ökonomisch tragfähigen Bedingungen, ist dringender als je zuvor“, bekräftigt er.
Förderung durch Bund und Länder
Nach dem Aufbaujahr 2026 sollen dazu ab 2027 zwei Koordinationsbüros am ZALF-Standort in Müncheberg in Brandenburg und am Standort Gießen in Hessen eingerichtet werden. Für das IAT stellen Bund und Länder dem ZALF eine zusätzliche Grundfinanzierung von 9,5 Mio. Euro jährlich unter Vorbehalt zur Verfügung.
„Durch diese dauerhafte strategische Erweiterung des ZALF um das IAT können wir diesen praxisnahen Ansatz jetzt deutlich intensiver und in einer größeren thematischen Breite verfolgen. So entstehen gemeinsam mit Landwirtinnen, Landwirten und weiteren, nichtwissenschaftlichen Akteuren in diesen Reallaboren Lösungen, die nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern von Beginn an gemeinsam entwickelt werden und damit schneller anwendbar sind“, fasst Prof. Frank Ewert, Wissenschaftlicher Direktor des ZALF, die Vision des neuen Zentrums zusammen.