ZukunftsMissionBau – bezahlbar.nachhaltig.sicher Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP auf der BAU 202
Die Zeiten für die Baubranche bleiben herausfordernd: Der fortschreitende
Klimawandel mit seinen extremen Wetterereignissen, zunehmende Ressourcenverknappung bei der Herstellung wichtiger Baustoffe oder steigende Baukosten erfordern dringend neue Lösungen. Auf der Messe BAU 2025, die vom 13. bis 17. Januar in München stattfindet, präsentiert das Fraunhofer IBP im Rahmen der Sonderschau »ZukunftsMissionBau – bezahlbar.nachhaltig.sicher« auf dem Stand der Fraunhofer-Allianz Bau (Halle C2, Stand 528) innovative Produkte und Systemlösungen.
Lösungen für das Bauen der Zukunft sind gefragter denn je. Im Fokus stehen insbesondere Kriterien wie Nachhaltigkeit im Baustoffsektor, eine steigende Produktivität, um ein bezahlbares Bauen und Sanieren zu gewährleisten, sowie mehr Resilienz für Städte und Bauwerke gegenüber dem Klimawandel und seinen Auswirkungen. Das Fraunhofer IBP zeigt auf der Messe BAU 2025 auf dem Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Allianz Bau vielversprechende Innovationen und Optionen für die Herausforderungen der Baubranche.
Schnelle, effiziente und nachhaltige Gebäudesanierung
Forschende von sieben Fraunhofer-Instituten entwickeln unter der Leitung des Fraunhofer IBP im Leitprojekt »BAU-DNS – nachhaltig, digital, systemisch« Verfahren für eine modulare, ganzheitliche und zirkulare Gebäudesanierung. Ziel ist es, die Produktivität im Bereich der Gebäudesanierung zu steigern, die Kosten zu halten, die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben und eine CO2-Neutralität von Materialien und Systemen auf den Weg zu bringen. Die Sanierung könnte dann um etwa zehn bis fünfzehn Prozent schneller vonstattengehen, die graue Energie der Materialströme durch biobasierte Materialien und andere Ansätze auf die Hälfte reduziert werden. Dabei geht es im Leitprojekt nicht primär darum, Produkte zu entwickeln. Vielmehr liegt der Fokus auf elementaren Vorarbeiten. Hierdurch können Industriekunden in Anschlussprojekten gemeinsam mit den Forschenden konkrete Lösungen entwickeln – ohne langwierige Untersuchungen der Vorlaufkette. Der Mehrwert des Leitprojekts liegt somit direkt bei den Unternehmen. Interessierte erhalten auf dem Messestand detailliertere Informationen und können Exponate aus dem Projekt besichtigen.
Baustoffe für die Zukunft
Wie sähe der ideale Beton aus? Dieser Frage stellen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer IBP und bringen ihre aktuellen Lösungsansätze aus der Betonforschung mit auf die Messe.
Die Pyrokohle ist dabei ein Schlüssel für klimafreundlicheren Beton: Bei ihrer Produktion werden Pflanzenreste oder andere organische Stoffe wie Methan in sauerstoffarmer Atmosphäre prozessiert. Bis zu 40 Prozent des in den Pflanzen enthaltenen Kohlenstoffs wird dabei als Feststoff in Form von Pyrokohle gespeichert. Durch ihre Integration wird rechnerisch mehr Kohlendioxid im Beton gebunden, als bei der Herstellung ausgestoßen wird. Die Forschenden haben zudem ein Verfahren entwickelt, um die Pyrokohle zu granulieren. Mit den hergestellten Gesteinskörnungen, die kleiner zwei Millimeter sind, ersetzen sie den Sand im Beton. Damit wird dieser nicht nur klimafreundlicher, sondern auch bedeutend leichter, was zusätzlich Transportkosten einspart.
Auf der Suche nach dem Beton der Zukunft lohnt sich auch ein Blick in die Vergangenheit. In der Tat erfüllen in der Antike verbaute römische Betone alle Kriterien moderner nachhaltiger Baustoffe. Sie sind zementfrei, bestehen aus lokal verfügbaren Ressourcen wie Vulkanaschen, sind dauerhaft und gegenüber vielen äußeren Einwirkungen resilient. Bedauerlicherweise gingen die ihnen zugrundeliegenden Rezepturen verloren. Im Projekt RICIMER (Roman Inspired Cement Innovation by Multi-Analytical Enhanced Research) erforschen Fachleute mögliche Rezepturen. Ihr Ziel ist es, die Originalformulierungen samt Additiven zu entschlüsseln und auf moderne Baustoffe zu übertragen.
Alkalisch aktivierte Binder, auch bekannt als Geopolymere, sind ein innovatives und wachsendes Forschungsfeld. Mit Eigenschaften wie Korrosionsbeständigkeit, hoher Festigkeit und exzellenter Temperaturresistenz bieten sie vielfältige Einsatzmöglichkeiten, insbesondere im Bauwesen.
Am Fraunhofer IBP wurde ein Verfahren entwickelt, um aus dem nachwachsenden Rohstoff Typha (Rohrkolben) einen vollwertigen und vor allem klimafreundlichen Baustoff herzustellen, das sogenannte Typhaboard. Der vielseitig einsetzbare Dämm- und Wandbaustoff besteht aus Blättern des Rohrkolbens und einem mineralischen Bindemittel, die zu multifunktional einsetzbaren Platten gepresst werden. Das Typhaboard vereint viele Eigenschaften, die einen produktiven Baustoff ausmachen. Es ist stabil, bietet einen guten Schallschutz, hervorragende feuchtetechnische Eigenschaften, ist schimmelresistent, hat eine hohe Dämmwirkung und bietet darüber hinaus einen hohen Brandschutz.
Belastete Bausubstanz detektieren und dekontaminieren
Gerade bei Sanierungen bereiten häufig Baustoffe aus den vergangenen Jahrzehnten Probleme. In vielen Fertighäusern der 1960-er und 1970-er Jahre wurde beispielsweise Asbest verbaut. Etwa drei Millionen Gebäude in Deutschland wurden in den 1970-er und 1980-er Jahren mit PCP- und Lindan-haltigen Holzschutzmitteln behandelt. Stoffe, die inzwischen verboten sind, schließlich zählen sie zu den krebserregenden Giften. Zwei Möglichkeiten, mit diesen Stoffen umzugehen, werden auf der Messe BAU präsentiert.
Um die Detektion von Asbest in Bauschutt einfacher und schneller zu gestalten, haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB und des Fraunhofer IBP ein neues Verfahren entwickelt, das ohne eine Entnahme und Aufbereitung von Probenkörpern auskommt, mit dem großflächig untersucht werden kann und das im Vergleich zu bestehenden Untersuchungsmethoden, wie beispielsweise mit einer Hyperspektralkamera, kostengünstiger ist. Zudem kann ein mobiles Hand-held-Gerät entweder direkt vor Ort eingesetzt oder stationär über einem Förderband montiert werden. Eine Patentanmeldung ist bereits erfolgt.
Im Projekt CycloPlasma, das von der Fraunhofer-Zukunftsstiftung gefördert wird, untersuchen die Forschenden des Fraunhofer IBP, inwieweit sich das neuartige CycloPlasma-Verfahren zur Dekontamination von PCP und Lindan nutzen lässt. Dieses Verfahren kombiniert ein innovatives Adsorbermaterial mit der Plasmatechnologie. Das Ergebnis: Mit dem CycloPlasma-Verfahren können sowohl kontaminierte Hölzer als auch Innenräume behandelt werden – nachhaltig, rückstandslos und gesundheitlich unbedenklich. In Pilotprojekten auf dem Gelände des Freilichtmuseums Glentleiten und im Marstall des Schlosses Nymphenburg konnten die Forschenden die Wirksamkeit des Verfahrens unter Beweis stellen.
Resilienz der Städte stärken
Insbesondere urbane Räume reagieren hochsensibel auf Extremwetterereignisse wie Hitze, Trockenheit und Stürme. Städte müssen daher zunehmend auf den Klimawandel und dessen Auswirkungen reagieren. Leistungsfähige Stadtklimamodelle wie PALM-4U sind dabei eine effektive Unterstützung, denn sie machen per Simulation das Stadtklima erlebbar: So ermöglichen sie, klare und nachvollziehbare Aussagen zu Klimaveränderungen und stadtklimatischen Zusammenhängen zu treffen. Kommunen, Planungsbeteiligte und Vorhabensträger können ihre planerischen Maßnahmen via PALM-4U auf deren klimatische Wirkung hin untersuchen und optimieren. Dieses Simulationsmodell steht bereits als Open Source-Lösung frei zur Verfügung und kann über die cloudbasierte Plattform OASITY einfach angewandt werden.
Nicht nur die Menschen wünschen sich mehr grüne Flächen in den Städten, auch Insekten und Vögel finden im urbanen Raum zunehmend weniger Nahrung, Unterschlupf- und Nistmöglichkeiten. Ein Lösungsansatz kann die Begrünung von Fassaden und Dächern darstellen. Gemeinsam mit dem Institut für Akustik und Bauphysik, sowie dem Institut für Landschaftsplanung und Ökologie der Universität Stuttgart und der HELIX Pflanzensysteme GmbH entwickelt das Fraunhofer IBP ein biodiversitätsförderndes Grünfassadensystem, welches einen Lebensraum gezielt für heimische Wildstauden, Kräuter und Gräser bildet, der Begleitfauna Nahrung sowie Unterschlupf bietet und zugleich klimaregulierend wirkt. Der Stuttgarter Klima-Innovationsfonds sowie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördern das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt. Die Wilde Klimawand ist auf dem Stand der Fraunhofer-Allianz Bau während der Messe BAU 2025 in München vertreten.
Mit Hilfe der Fortbildung »Klimawandelgerechte Stadtgestaltung« haben Stadtplanende und Mitarbeitende von Kommunen die Möglichkeit, Kompetenz in diesem so wichtigen Planungsbereich zu erwerben. Durch eine Kombination aus Live-Online-Sessions, einer zweitägigen Präsenzveranstaltung und selbstgesteuerten Lerneinheiten werden sie befähigt, die Herausforderungen des Klimawandels in städtischen Gebieten anzugehen, effektive Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Besuchende der Messe BAU können sich hierzu tiefergehende Informationen einholen und beraten lassen.
Unterstützung des Mittelstands
Auf der Standfläche der Fraunhofer-Allianz Bau präsentiert sich in diesem Jahr einmal mehr das Mittelstand-Digital Zentrum Bau mit seinem Angebot für kleine und mittlere Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft. Der Fokus des Zentrums, das aus vier Konsortialpartnern aus Wissenschaft und Praxis gebildet und vom Fraunhofer IBP geleitet wird, liegt auf den fünf Themenbereichen Planungsprozess, Baustelle und Facility Management sowie in der Optimierung digitaler Geschäftsprozesse und der Entwicklung innovativer Transformationsstrategien. Hierzu bietet das Zentrum fundierte Informationsmaterialen, Veranstaltungen und Digitalisierungsprojekte mit zielorientierten Roadmaps für einen resilienten Mittelstand. Mitarbeitende des Zentrums stehen während der Messe gerne für Gespräche zur Verfügung.
Weitere Informationen:
https://www.ibp.fraunhofer.de/de/presse-medien/presseinformationen/pi-20241126-fraunhofer-ibp-auf-BAU2025.html