Entwicklung klimaneutraler Baustoffe aus biogenen Materialien unter Einsatz phototropher Mikroorganismen
Das Fraunhofer-Institut FEP in Dresden bietet skalierbare Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, um technologische Innovationen auf neue Produktionsprozesse anzuwenden. Angesichts der steigenden Nachfrage nach klimaneutralen Baustoffen wird an innovativen Elektronenstrahl-unterstützten Prozessen zur biogenen Kalksynthese mit phototrophen Mikroorganismen geforscht, um die Dekarbonisierung der Zementindustrie voranzutreiben. Ziel ist es, den CO2-Fußabdruck von Zement zu reduzieren und fossilen Kalkstein schrittweise zu ersetzen.
Das Projekt wird vom 13. bis 17. Januar 2025 auf der Messe Bau in München am Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Allianz BAU präsentiert.
Die enge Verknüpfung des Fraunhofer FEP mit der Industrie ermöglicht es uns, gemeinsamen mit unseren Partnern Ergebnisse aus der angewandten Forschung in vielfältige Anwendungen und Produkte zu überführen. Dabei stehen insbesondere die strategischen Forschungsfelder Nachhaltigkeit, Life Science und Umwelttechnologien im Fokus. Wichtige Anwendungsfelder sind beispielsweise der Bausektor sowie der Bereich Smart Buildings. Insbesondere die niederenergetische, nicht-thermische Elektronenstrahltechnologie besitzt als multifunktionales Werkzeug omnipotente Einsatzmöglichkeiten für eine Vielzahl von umwelttechnischen und biotechnologischen Applikationen und kann in bestehende Produktionslinien integriert werden. Aufgrund wachsender Anforderungen hinsichtlich nachhaltiger und ressourcenschonender Prozesse und zur Erreichung der Klimaziele wächst auch der Bedarf nach biobasierten Substitutionsprozessen im Bausektor. Für ökologisch relevante Fragestellungen, wie die biotechnologische Gewinnung von Ressourcen, können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer FEP die chemischen und biologischen Wirkungen niederenergetisch beschleunigter Elektronen zur anwendungsspezifischen Prozessentwicklung nutzen.
Als ambitioniertes Ziel hat sich Deutschland mit dem Klimaschutzgesetz zur Klimaneutralität bis 2045 und zur Einsparung von Treibhausgasemissionen verpflichtet, was gleichzeitig eine enorme Herausforderung für die Industrie bedeutet. Der Bausektor ist einer der größten Wirtschaftssektoren weltweilt, weshalb klimaneutrales und zirkuläres Bauen der Zukunft vielseitige Transformationen benötigt. Die Entwicklung neuer biobasierter und nachhaltiger Materialien zur dauerhaften Bindung von CO2 ist ein Ansatzpunkt für Forschung und Entwicklung, mit dem sich Projektleiterin Dr. Ulla König am Fraunhofer FEP in ihrer Gruppe Biokompatible Materialien beschäftigt.
Zement, das weltweit meistproduzierte Material überhaupt, ist als Bindemittel in der Bauindustrie unverzichtbar, wobei der globale Zementverbrauch aufgrund der Bevölkerungsentwicklung, der Urbanisierung und dem zunehmenden Infrastrukturausbau weiter zunimmt. Die Zementindustrie ist ein bedeutender Verursacher von Treibhausgasemissionen, weshalb Klimaneutralität in diesem Bereich nur durch alternative Herangehensweisen erreicht werden kann. Die Dekarbonisierung stellt hierbei eine vielversprechende Strategie dar, bei der die Entwicklung von CO2-reduzierten Zementen eine essenzielle Aufgabe sein wird.
Am Fraunhofer FEP beschäftigen sich die Forschenden der Gruppe Biokompatible Materialien in Kooperation mit dem institutseigenen biomedizinischen Servicelabor in intensiven Forschungsarbeiten mit der biogenen Materialentwicklung von sekundärem Kalkstein mithilfe phototropher Mikroorganismen unter CO2-Verbrauch. Diese sind in der Lage, durch Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu fixieren und umzuwandeln. Forschungsschwerpunkt ist dabei, den seit Milliarden Jahren in der Natur bestehenden Prozess der mikrobiologischen Kalksteinbildung großtechnisch umsetzen zu können und dessen Produktivität zu verbessern, so dass in späteren Schritten emissionsarme Baustoffe produziert werden können, die CO₂ dauerhaft binden und dadurch nachhaltig zur Kreislaufwirtschaft beitragen.
Gruppenleiterin Dr. Ulla König erläutert dazu: „Die Optimierung und Skalierbarkeit der biogenen Kalksteinsynthese basierend auf dem mikrobiellen Biomineralisierungsprozess spielt eine wesentliche Rolle für zukünftige großtechnische Einsatzmöglichkeiten. Wir haben am Fraunhofer FEP deshalb die Optimierung der Biomineralisation phototropher Mikroorganismen mit einem neuartigen Lösungsansatz verknüpft. Dazu nutzen wir das biostimulierende Potenzial der Elektronenstrahltechnologie. Wir erschließen die dosisabhängige biopositive Wirkung von niederenergetischen, nicht-thermischen Elektronenstrahlprozessen auf die Stoffwechselvorgänge von phototrophen Mikroorganismen, um die biogene Kalksteinsynthese in seiner Effektivität und Wirtschaftlichkeit zu steigern.“
Im Rahmen von Kooperationen können dann im nächsten Entwicklungsschritt zirkuläre Herstellungsverfahren auch unter Recycling von Abfall- und Reststoffen nachhaltige, biobasierte Bau- und Konstruktionsmaterialien entwickelt werden. Auf der Messe BAU 2025 in München, vom 13. – 17. Januar 2025, stellen die Wissenschaftler diese neuen Forschungsansätze und weitere Perspektiven am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand vor und stehen für Diskussionen zu gemeinsamen Projektideen und Forschungsvorhaben zur Verfügung.
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