Energiewende in Nigeria: Forschungsprojekt zeigt Wege zur nachhaltigen Elektrifizierung ländlicher Regionen
Im Projekt "Communities of Practice Nigeria" (CP Nigeria) haben Wissenschaftler:innen des Reiner Lemoine Instituts (RLI) zusammen mit Expert:innen aus Partnerorganisationen Ergebnisse bei der Förderung sauberer und nachhaltiger Energieversorgung in Nigeria erarbeitet. Sie haben unter anderem rund 660 ländliche Gemeinden des Landes als ideal für die Off-Grid-Elektrifizierung identifiziert. Durch die Einführung von Mini Grids (Solare Mini-Stromnetze) könnten die jährlichen CO2-Emissionen in diesen Regionen um bis zu 188.000 Tonnen reduziert werden.
Ihre gesamten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen haben die Expert:innen in einem Strategiepapier (Policy Brief) zusammengefasst und heute veröffentlicht. Außerdem hat das Projektteam ein Tool zur Planung von Mini-Grids entwickelt, das Gemeinden vor Ort selbstständig nutzen können.
Im Mittelpunkt der Projektarbeit stand die Forschung zu Community-Driven Mini-Grids (CDMGs). Das sind gemeinschaftsorientierte Mini-Netze, ähnlich dem Modell Energiegenossenschaft. Das Projektteam hat diese als eine vielversprechende Alternative zu den bislang dominierenden, entwicklergeführten Elektrifizierungsmodellen in Nigeria identifiziert.
CDMG-Modelle als zentraler Bestandteil der Elektrifizierungsstrategie
„Vom Dieselgenerator zur Energiedemokratie: Unsere Ergebnisse zeigen, dass gemeinschaftsorientierte Ansätze zur Elektrifizierung die Energieversorgung nachhaltig, wirtschaftlich tragfähig und sozial inklusiv gestalten können. CDMG-Modelle könnten zu einem zentralen Bestandteil der Elektrifizierungsstrategie Nigerias werden und gleichzeitig zur globalen Energiewende beitragen“, sagt Clara Neyrand, Projektleiterin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich Off-Grid Systems am RLI. „Die Zukunft der Elektrifizierung in Nigeria muss gemeinschaftlich gestaltet werden – sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltig“, so Neyrand.
Zentrale Ergebnisse des Projekts
1. Dringender Handlungsbedarf zur Elektrifizierung ländlicher Regionen:
Nigeria hat mit 86 Millionen Menschen ohne Stromversorgung das weltweit größte Elektrifizierungsdefizit. Trotz der Potenziale dezentraler erneuerbarer Energien tragen sie bislang nur 0,1 % zur Stromversorgung bei, während jährlich 14 Milliarden USD für ineffiziente Dieselgeneratoren ausgegeben werden.
2. Identifizierung von Zielgemeinschaften:
Über 660 ländliche Gemeinden in Nigeria wurden als ideal für die Off-Grid-Elektrifizierung identifiziert. Diese Gemeinden liegen mehr als 20 km vom nationalen Stromnetz entfernt und profitieren am meisten von Mini-Grid-Lösungen.
3. Vorteile von Community-Driven Mini-Grids (CDMGs):
CDMGs fördern durch gemeinschaftliche Beteiligung und Ownership nachhaltige Projekte, reduzieren die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und stärken die lokale Wirtschaft. Sie bieten langfristige Vorteile wie höhere Zuverlässigkeit, niedrigere Kosten und Umweltschutz durch weniger Emissionen.
4. Beispiele erfolgreicher CDMG-Projekte:
Erfolgsbeispiele aus Ländern wie Tansania und der Elfenbeinküste zeigen, dass CDMGs wirtschaftlich tragfähig und ökologisch nachhaltig sind. Diese Erfahrungen können als Leitfäden für die Implementierung in Nigeria dienen.
5. Hindernisse und notwendige Reformen:
Hindernisse wie fehlendes Bewusstsein in der Bevölkerung, unzureichende technische Fähigkeiten und mangelnde finanzielle Unterstützung bremsen die Verbreitung von CDMGs in Nigeria. Deshalb sind zielgerichtete Maßnahmen wie Wissensvermittlung, Kapazitätsaufbau, verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten und regulatorische Anpassungen erforderlich.
6. Transformative Wirkung für Nigeria:
Mit der Implementierung von CDMGs in mindestens 660 ländlichen Gemeinden könnte Nigeria seine Elektrifizierungsziele erreichen, die lokale Wirtschaft stärken und jährlich bis zu 188.000 Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Politische und institutionelle Unterstützung, etwa durch die NEP-Initiative (Nigeria Electrification Project), ist entscheidend.
Ein Tool zur Planung von Mini-Grids
Die Wissenschaftler:innen haben außerdem ein frei verfügbares Tool entwickelt, mit dem Gemeinden vor Ort ihre Mini-Netze selbstständig planen können. Sie können damit unter anderem ein Modell ihres Strombedarfs erstellen, die Größe eines geeigneten Mini-Netzes ermitteln und Finanzanalysen durchführen. Das Ergebnis ist ein Implementierungsplan als Word Dokument, mit dem die Nutzer:innen proaktiv auf potenzielle Projektpartner:innen, wie zum Beispiel Projektentwickler:innen, Finanzierungsinstitutionen oder Regierungspartner:innen zugehen können.
Die RLI-Wissenschaftler:innen haben an dem Projekt gemeinsam mit der nigerianischen Organisation Clean Technology Hub und Expert:innen des Beratungsunternehmens the greenwerk gearbeitet. Gefördert wurde das Projekt durch die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Clara Neyrand
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Forschungsbereich Off-Grid Systems am RLI
clara.neyrand@rl-institut.de
Originalpublikation:
Policy Brief Community-Driven Mini-grids: A Promising Approach to Electrifying Nigeria’s Rural Population https://reiner-lemoine-institut.de/wp-content/uploads/2024/12/Reiner_Lemoine_Institut_Community-Driven_Mini-grids.pdf
Weitere Informationen:
http://Weitere Infos zum Tool für die Planung von Mini-Grids:
https://reiner-lemoine-institut.de/tool/cp-nigeria/
https://community-minigrid.ng/en/