UKR-Projekt „Miracle“ erforscht die unsichtbare Last ME/CFS
Das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) initiiert gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) das Projekt „Miracle“, um die rätselhafte Krankheit Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS) zu erforschen. Die Erkrankung ist für die Betroffenen eine massive Belastung: extreme, dauerhafte Erschöpfung, Schmerzen und körperliche Einschränkungen machen ein normales Leben oft unmöglich. Das dreijährige Verbundprojekt soll neue Erkenntnisse bringen und wird mit einem Gesamtbudget von 2,5 Millionen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Für viele war ME/CFS lange Zeit ein Begriff am Rande: unter dem Namen „Chronisches Erschöpfungssyndrom“ wurde die Krankheit oft missverstanden oder heruntergespielt. Doch mit der COVID-19-Pandemie hat sich das geändert. Immer mehr Menschen entwickeln nach einer Infektion ähnliche Symptome, bekannt als „Long-COVID“. Die wachsende Zahl von Betroffenen und das Leiden, das mit der Krankheit einhergeht, haben ME/CFS ins Rampenlicht gerückt – und die Notwendigkeit für intensive Forschung verdeutlicht.
Was „Miracle“ besonders macht
„Miracle“ schaut dorthin, wo andere nicht hinsehen – zum Beispiel auf die sogenannten neutrophilen Granulozyten. Diese essenziellen Abwehrzellen unseres Immunsystems sind zwar die am häufigsten vorkommenden immunkompetenten Zellen, aber äußerst schwierig zu erforschen: Sie können nicht kultiviert werden und müssen direkt nach der Entnahme und schonender Isolierung untersucht werden. Am UKR blickt die Forschung an neutrophilen Granulozyten, primär durch Dr. Michael Gruber, Leiter des Forschungslabors der Klinik für Anästhesiologie, bereits auf eine 25-jährige Geschichte zurück. Diese Erfahrung macht das Team des UKR um Projektleiter Dr. Dr. Alexander Dejaco, Clinical Scientist der Klinik für Anästhesiologie, zu einem Vorreiter in einem schwierigen, aber hoch relevanten Forschungsfeld. „Wir möchten herausfinden, ob diese Zellen eine Schlüsselrolle bei ME/CFS spielen,“ erklärt Dejaco. Zusammen mit der Gesamtleiterin des Verbundes, Dr. med. Elisabeth Schieffer aus der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin des UKGM, entstand die Idee für „Miracle“ – ein innovatives Projekt, das erfolgreich Fördermittel vom BMBF einwerben konnte.
Dabei erreicht „Miracle“ auch die Schwerkranken: In einem außergewöhnlichen Ansatz werden bettlägerige Patienten in die Studie einbezogen. Hausbesuche ermöglichen es, Daten von einer Patientengruppe zu sammeln, die sonst häufig von Studien ausgeschlossen ist.
Gegenstand der Forschung
„Miracle“ widmet sich den krankheitsbedingten Änderungen der Zellfunktionen und hat unter anderem zum Ziel, die genauen Mechanismen zu erforschen, die zu ME/CFS führen und bis heute ein Rätsel sind. Hierbei werden immunologische, entzündliche und metabolische Prozesse im Detail untersucht. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) werden die Ergebnisse am UKGM analysiert, um Zusammenhänge besser zu verstehen. Ziel ist es, sogenannte Biomarker – messbare Merkmale – zu identifizieren, die die Diagnose erleichtern und eine noch zielgerichtetere Behandlung ermöglichen.
Warum „Miracle“ wichtig ist
ME/CFS wird oft spät oder falsch diagnostiziert. Patienten kämpfen oft jahrelang mit Fehldiagnosen wie Burnout oder Depression, weil es keine objektiven Tests gibt. Häufig stoßen sie auf Unverständnis – auch bei Ärzten oder Versicherungen. Mit neuen Biomarkern könnten Ärzte ME/CFS in Zukunft einfacher und objektiv diagnostizieren. Das Verstehen der Krankheitsmechanismen könnte den Weg zu spezifischen Behandlungen ebnen.