Erstmals Bundesausgaben für Digitalisierung offengelegt
In den Haushaltsjahren 2019, 2021, 2023 und 2024 plante die deutsche Bundesregierung, zusammen für diese vier Haushalte über 60 Milliarden Euro für Digitalisierung zu verausgaben. In einer engen Abgrenzung beliefen sich die digitalen Mittel auf 62,2, in einer weiten Abgrenzung auf 67,1 Milliarden Euro. Aufgrund mangelnder Transparenz und Detailtiefe bei den Ausgaben in den über 20.000 ausgewerteten Haushaltstiteln weist die Analyse jeweils diese enge und weite Berechnung der Digitalausgaben aus.
Der gemeinnützige Thinktank Agora Digitale Transformation legt damit heute erstmals offen, wie viel die Bundesregierung für Digitalisierung im Bundeshaushalt vorsieht. Das mit der Analyse beauftragte ZEW Mannheim hat einen hohen Aufwand betrieben, um trotz der schwierigen Datenlage und eines Mangels an Systematik in den Haushaltstiteln erstmals konkrete Berechnungen zu den Digitalausgaben des Bundes vorlegen zu können.
Auffällig ist der starke Ausgabenaufwuchs im Zeitraum zwischen 2019 und 2023, in dem sich die Digitalisierungsausgaben des Bundes mehr als verdoppelt haben. Die Corona-Pandemie zeigt sich hier als zentraler Treiber für die Digitalisierungsbestrebungen in der Bundespolitik. Die Verwaltungsdigitalisierung macht mit über 16 Milliarden den höchsten Anteil an den Ausgaben in den für die Berechnung zugrundeliegenden vier Haushaltsjahren aus. „Die Corona-Pandemie zeigt sich zwar als wichtiger Ausgabentreiber. Trotzdem hat sich in Deutschland der Rückstand zu EU-Staaten bei der Verwaltungsdigitalisierung in den letzten Jahren weiter vergrößert“, sagt Dr. Stefan Heumann, Geschäftsführer der Agora Digitale Transformation. „Mehr Geld bedeutet nicht gleich mehr Wirkung – digitale Transformation ist nicht nur eine Frage des Geldes. Es geht in der Verwaltung vor allem darum, die richtigen Rahmen zur Nutzung digitaler Lösungen zu schaffen.“
Ausgabentransparenz im Digitalhaushalt fehlt
Weder der Politik noch der Öffentlichkeit liegen vollumfängliche Informationen über das Ausmaß öffentlicher Ausgaben für Digitalisierung auf Bundesebene vor. Die Berechnung eines Digitalhaushalts hat zum Ziel, die Transparenz zu verbessern und langfristig dazu beizutragen, den Haushalt besser auf Digitalisierung auszurichten.
„Es fehlt an einheitlicher Systematik, um Transparenz für Digitalausgaben herzustellen. Von außen lässt sich aktuell nicht immer erkennen, welche öffentlichen Gelder für Digitalisierungsmaßnahmen ausgegeben werden. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die Digitalisierung eine der großen Transformationen dieses Landes darstellt, sollte hier gehandelt werden“, sagt Dr. Thomas Niebel, Ko-Autor der Studie aus dem ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“.
Höhere Bedeutung für Digitalisierung im Bundeshaushalt etablieren
Die Finanzierung der Digitalisierung hat im Bundeshaushalt seit 2019 deutlich an Bedeutung gewonnen. In Absolutbeträgen ist von 2019 bis 2023/24 gut eine Verdoppelung der Mittel zu beobachten. Die Pandemie hat dabei als Katalysator zur Mobilisierung von Haushaltsmitteln für die Digitalisierung gewirkt. Vier Kategorien von Digitalisierungsausgaben im Bundeshaushalt dominieren: Weit vorne liegen mit 16,6 Mrd. Euro (weite Abgrenzung) solche Haushaltsposten, die auf die Fortentwicklung der digitalen Verwaltung ausgerichtet sind, dem folgen mit 13,8 Mrd. Euro Aufwendungen für digitale Infrastruktur. Nicht weit dahinter liegen die Kategorien Forschung und Innovation im Bereich Digitalisierung mit 12,8 Mrd. Euro sowie die Bundeswehr mit 11,9 Mrd. Euro. Im Vergleich zu diesen vier Kategorien mit ihren zweistelligen Milliardenbeträgen haben die vier Kategorien zur Digitalisierung der Wirtschaft, der Bildung, der Kultur sowie des Gesundheitswesens nur eine untergeordnete Bedeutung.
„Auch wenn es nicht möglich ist, eine optimale Höhe der digitalen Ausgaben zu bestimmen, so ist der Anstieg seit 2019 eindeutig eine gute Nachricht. Mit diesem Anstieg wird der Bundeshaushalt zukunftsorientierter. Die Herausforderung der kommenden Jahre wird sein, diese Wende zu verteidigen oder sogar noch auszubauen gegenüber den stärker gegenwartsorientierten Budgetinteressen im Bereich der Transfers“, sagt Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Ko-Studienautor und Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW.
Zusätzliche Untersuchungen zur Wirkungsorientierung notwendig
„Für eine erfolgreiche Digitalisierungspolitik ist neben dem Budgetumfang auch der wirksame Einsatz öffentlicher Mittel entscheidend“, sagt Thilak Mahendran, Innovation Lead für Digitales Regierungshandeln bei der Agora Digitale Transformation. „Insofern sollten Haushaltsmittel für Digitalisierung nicht nur quantifiziert, sondern die Ergebnisse ihres Mitteleinsatzes sorgfältig evaluiert werden.“
Datengrundlage verbessern
Zuverlässige Evaluationen sind auf eine gute Datenbasis angewiesen. Einzelne Haushaltstitel in den Erläuterungstexten und Ausgaben für Digitalisierung ebenfalls genauer zu benennen, würde deutlich die Datenbasis verbessern. Zudem sollte der Zugang zu den internen Haushaltsanmeldungen der Ressorts ermöglicht werden. Diese Dokumente sind mit ihrem Textumfang und ihrer Detailtiefe deutlich aussagefähiger als die oft nur sehr kurzen Beschreibungen in derzeit zugänglichen Haushaltsdokumenten.
Über Agora Digitale Transformation
Agora Digitale Transformation beschreibt sich als der Thinktank für Updates unserer Demokratie. Ziel ist es, die Chancen der Digitalen Transformation zu nutzen, um die Demokratie in Deutschland zu stärken. Als gemeinnützige Organisation arbeitet der Thinktank überparteilich, kollaborativ und evidenzbasiert mit dem Schwerpunkt auf umsetzbare und wirksame Lösungen für die Politik. Die Agora Digitale Transformation sucht dafür gezielt den Austausch und die Zusammenarbeit mit Innovatoren/-innen aus Gesellschaft, Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Friedrich Heinemann
Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“
Tel.: +49 (0)621 1235-149
E-Mail: Friedrich.Heinemann@zew.de
Originalpublikation:
https://agoradigital.de/uploads/25-02-12_ADT_ZEW_Studie_Digitalhaushalt.pdf
Die semantisch ähnlichsten Pressemitteilungen im idw
