MHH-Projekt: Naturstoff-Spray gegen Lungenfibrose
Im Projekt LuFex wollen Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) eine neue inhalative Behandlung mit einem pflanzlichen Anti-Fibrose-Medikament entwickeln. Dafür hat das Team um Professor Dr. Dr. Thomas Thum 800.000 Euro von der biomedizinischen Start-up-Schmiede IBT Lower Saxony erhalten.
Eine Gewebeschädigung kann viele Organe beeinträchtigen und ist für etwa die Hälfte aller Todesfälle in Industrienationen verantwortlich. Dazu gehört auch die Entwicklung einer Fibrose, bei der das ursprüngliche Gewebe von Bindegewebszellen (Fibroblasten) ersetzt wird. Die Aktivierung der Fibroblasten ist ein wichtiges Schlüsselereignis und führt unter anderem zu Organsteifheit, unzureichender Sauerstoffversorgung und schließlich zu Organfunktionsstörungen. Ein Beispiel hierfür ist die idiopathische Lungenfibrose (IPF), eine chronische Krankheit, bei der das Lungengewebe vernarbt und zu schweren Atembeschwerden führt. Zwar sind bereits zwei Medikamente gegen Lungenfibrose auf dem Markt. Sie helfen allerdings nur eingeschränkt und haben zudem viele Nebenwirkungen.
Professor Dr. Dr. Thomas Thum, Leiter des Instituts für Molekulare und Translationale Therapiestrategien der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sucht nun neuartige und wirksame Verbindungen, die Fibrose verhindern und die Lunge schützen. In seinem Projekt LuFex will er ein neues Medikament gegen Lungenfibrose entwickeln, das einfach inhaliert werden kann. Das Institute for Biomedical Translation (IBT) Lower Saxony unterstützt das Forschungsvorhaben über zwei Jahre mit 800.000 Euro. Ziel der biomedizinischen Start-up-Schmiede ist, den Transfer von Spitzenforschung in den Lebenswissenschaften in Niedersachsen zu beschleunigen und unternehmerische Ideen in die Welt zu tragen.
Starke antifibrotische Wirkung
IPF ist eine fortschreitende Erkrankung und endet tödlich. Nach der Diagnose leben Betroffene im Durchschnitt nur noch drei bis fünf Jahre und damit kürzer als bei vielen Krebsarten. Patientinnen und Patienten leiden unter zunehmender Atemnot, chronischem Husten, Müdigkeit und Gewichtsverlust. Im Verlauf der Erkrankung benötigen viele zusätzlichen Sauerstoff oder sogar eine Lungentransplantation. Auf der Suche nach einem geeigneten Wirkstoff gegen die Lungenfibrose haben Professor Thum und sein Team eine sogenannte Naturstoffbibliothek durchsucht und 150.000 Substanzen mit Hilfe von Bioinformatik analysiert. Weitere 500 bioinformatorisch ausgewählte Stoffe wurden dann direkt im Labor untersucht. „Wir haben einen pflanzlichen Naturstoff gefunden und ihn direkt an menschlichen Herz-, Leber- und Lungenfibroblasten getestet“, sagt der Fibrosespezialist. Das Ergebnis: Die Substanz unterdrückte die fibrotische Reaktion stark. Die antifibrotische Wirkung testeten die Forschenden dann ebenso erfolgreich in lebenden Organschnitten. Das Material für die hauchdünnen Gewebescheibchen stammt aus der MHH-Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie und ist sozusagen Gewebeabfall aus kranken, fibrotischen Organen, die im Rahmen einer Transplantation entnommen wurden. In Nährlösung leben diese Organschnitte viele Tage bis zu Wochen weiter.
Weitere Varianten für geringere Dosierung gefunden
Um die Wirksamkeit des Naturstoffs zu verbessern und gleichzeitig schädliche Nebenwirkungen zu verringern, hat das Team mehr als 30 Varianten der besten Leitverbindungen konstruiert. „Mehrere davon haben wir bereits in Zellkultur und in Gewebeschnitten von Herz, Lunge und Leber getestet“, sagt Professor Thum. „Und wir haben dabei schon einige Varianten identifiziert, die eine weiter verbesserte antifibrotische Aktivität bei deutlich niedrigeren Dosen aufweisen.“ Als nächstes will er den Wirkstoff in einigen weiteren Modellen überprüfen. „Das ist wichtig, um die optimale Formulierung herauszufinden, also welche Hilfsstoffe wir zufügen müssen, um daraus ein wirksames Medikament zu entwickeln.“ Nach der Anschubfinanzierung seines Projektes durch das IBT streben Professor Thum und sein Team weitere Förderungen an – etwa für spätere klinische Studien, die Voraussetzung sind, um ein Medikament auf den Markt zu bringen. Dass dies gelingt, davon ist der Wissenschaftler überzeugt. „Unsere Arbeit wird zur Entwicklung eines neuartigen Behandlungsansatzes für Organfibrose führen, eine Krankheit, von der weltweit Millionen Menschen betroffen sind und für die es derzeit nur unzureichende Behandlungsmöglichkeiten gibt.“
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Dr. Thomas Thum, thum.thomas@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-5272.
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