Philosophieren für eine lebenswerte Zukunft: Corine Pelluchon erhält Dr. Leopold Lucas-Preis
Die französische Professorin Corine Pelluchon wird mit dem Dr.-Leopold-Lucas-Preis für ihren Beitrag zur politischen Philosophie sowie ihren Einsatz für Demokratie, Umwelt und Tierwohl geehrt. Der Preis in Höhe von 50.000 Euro wird von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen in Gedenken an den jüdischen Gelehrten Leopold Lucas verliehen.
Der diesjährige Dr. Leopold Lucas-Preis wird der Philosophin Corine Pelluchon verliehen. Der Preis der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen würdigt ihre philosophischen Beiträge zu den aktuell drängenden Fragen des Tierwohls, der Klimakrise und der Stärkung der pluralistischen Demokratie.
Die öffentliche Verleihung findet am Dienstag, 13. Mai 2025, um 17:15 Uhr in der Alten Aula der Universität Tübingen (Münzgasse 30, 72070 Tübingen) statt. Pelluchon wird die Preisrede zum Thema „Transzendenz, Ökologie, Demokratie. Unsere Ressourcen im Angesicht von Krisen“ halten. Vor der Veranstaltung wird es für Pressevertreterinnen und -vertreter die Möglichkeit zu einem Ge-spräch mit Corine Pelluchon geben. Bei Interesse bitten wir um eine formlose Mail an presse@uni-tuebingen.de.
Pelluchon ist Professorin für politische Philosophie und angewandte Ethik an der Université Gustave Eiffel in Paris. Sie wurde mit mehreren französischen und deutschen Wissenschaftspreisen ausgezeichnet und ist Ritter der französischen Ehrenlegion. Mit ihrer Arbeit liefert Pelluchon wertvolle Impulse für eine lebenswerte Zukunft und stärkt durch ihre fundierten Analysen und konkreten Vorschläge die Grundlagen einer pluralen und offenen Demokratie. Damit entsprechen ihre Arbeiten laut der Jury in hervorragendem Maße den Zielen, für die der Dr. Leopold Lucas-Preis gestiftet wurde.
Der Preis zeichnet Menschen aus, deren wissenschaftliches Werk die Beziehungen zwischen Menschen und zwischen Völkern fördert und sich um die Verbreitung des Toleranzgedankens verdient macht. Der Preis wurde 1972 von Generalkonsul Franz D. Lucas, Ehrensenator der Universität Tübingen, gestiftet. Anlass war der 100. Geburtstag seines Vaters, des jüdischen Gelehrten Dr. Leopold Lucas. Der wirkte als Rabbiner in Glogau und an der Hochschule für die Wissenschaft des Juden-tums in Berlin. 1943 wurde er im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet. Der zu seinem Ge-dächtnis gestiftete Preis wird jährlich von der Evangelisch-Theologischen Fakultät im Namen der Universität Tübingen verliehen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert.
Plädoyer für eine neue Aufklärung
Pelluchon leistet mit ihrer politischen Philosophie einen bedeutenden Beitrag zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen. Ihr Werk vereint die Reflexion über die Grundlagen von Politik und Ethik mit konkreten politischen Handlungsvorschlägen, um Gerechtigkeit für Tiere, den Schutz der Umwelt und die Stärkung der Demokratie zu erreichen. Pelluchon plädiert für eine neue Aufklärung, die den Menschen nicht allein als vernunftgesteuertes Individuum begreift, sondern auch als verletzliches, körperliches und in Beziehungen eingebundenes Wesen. Dieses Selbstverständnis soll das Bewusstsein für die Verbundenheit mit der menschlichen und nichtmenschlichen Mitwelt stärken und zu einem verantwortungsvollen Handeln im Sinne des Gemeinwohls führen.
Besonders hervorzuheben ist Pelluchons Engagement für Tierrechte. Sie erkennt Tiere als empfind-same Subjekte an und fordert umfassende Schutzrechte für sie ein. Gleichzeitig sieht sie den Schutz der Biosphäre als zentrales politisches Ziel, das eng mit sozialer Gerechtigkeit und demokratischer Teilhabe verknüpft ist. Sie schlägt praxisnahe Lösungen innerhalb pluralistischer Demokratien vor, ohne sich radikalen oder bevormundenden Positionen anzuschließen. Durch die Verknüpfung von Tierethik mit Fragen des Klimaschutzes und der sozialen Gerechtigkeit entwickelt Pelluchon ein um-fassendes Konzept gesellschaftlichen Wandels.
Ihre Philosophie fordert ein Umdenken hin zu einem „Zeitalter des Lebendigen“, das ein friedliches und gerechtes Zusammenleben von Menschen und nichtmenschlichen Lebewesen in den Mittelpunkt stellt. Dabei verliert sie sich nicht in einem naiven Optimismus, sondern nimmt Sorgen und Ängste angesichts einer unsicher werdenden Welt ernst und will begründete Hoffnung auf eine Ver-besserung stiften.
Leopold Lucas-Preis für junge Forschende
Der Dr. Leopold Lucas-Preis für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler geht in diesem Jahr an Dr. Bahadir Eker. Der Philosoph erhält den Preis für seine Dissertation in der Philoso-phie „Matters of Perspective. A Theory of Deep Temporality“. Mit seiner Arbeit legt er einen hochoriginellen und anspruchsvollen Beitrag zur komplexen philosophischen Debatte über die Metaphysik der Zeit vor. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Florian Zacher
Universität Tübingen
Evangelisch-Theologischen Fakultät
Telefon +49 7071 29-74902
florian.zacher@uni-tuebingen.de
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