Wie KI die Mona Lisa rettet: Paradigmenwechsel in der digitalen Forensik
Sie ist das berühmteste Gemälde der Welt … und plötzlich ist sie verschwunden. Ein Diebstahl, ein geheimer Verkauf im Darknet und eine Spur, die sich nach Vernichtung der belastenden Beweise scheinbar im Nichts auflöst. Doch kein digitales Verbrechen ist spurlos … und mit künstlicher Intelligenz lässt sich die Fährte aufnehmen. Wie KI in diesem Szenario die elementaren Beweismittel wiederherstellt, ist natürlich reine Fiktion – die Technik und Anwendungsmöglichkeiten jedoch, sind atemberaubende Wirklichkeit!
Im digitalen Zeitalter ist die Wiederherstellung gelöschter Daten eine zentrale Herausforderung in der digitalen Forensik. Mit der stetigen Zunahme von Datenmengen und Speichermethoden stoßen herkömmliche Verfahren dabei an ihre Grenzen. Hier setzt das Forschungsprojekt Carve-DL an: Eine KI-gestützte Lösung, die schwer rekonstruierbare Dateien wiederherstellen kann und mithilfe lernender Algorithmen die Effizienz und Genauigkeit der digitalen Datenrekonstruktion nachhaltig verbessert.
Was macht Carve-DL einzigartig?
Traditionell arbeiten Forensiker mit standardisierten, oft manuellen Verfahren, um gelöschte Daten wiederherzustellen. Während diese Methoden auf festgelegten Dateisignaturen oder Metadaten des Dateisystems beruhen, geht Carve-DL neue Wege. Durch den Einsatz fortschrittlicher Deep-Learning-Technologien, insbesondere Swin Transformer V2 und ResNet kann die Software nicht nur vollständige Dateien wiederherstellen, sondern auch stark fragmentierte Daten rekonstruieren. Dies ermöglicht eine präzise Wiederherstellung selbst in Fällen, in denen hergebrachte Techniken scheitern.
Einsatzfelder in der polizeilichen Praxis
Carve-DL richtet sich an Spezialisten der digitalen Forensik, die gelöschte oder zerstückelte Daten rekonstruieren müssen. Ein Beispiel ist die Wiederherstellung automatisch gelöschter Cache-Daten von Webseiten, die für Ermittlungen von Bedeutung sind. Auch manipulierte oder absichtlich zerstörte digitale Beweismittel können durch die KI rekonstruiert werden.
Fallbeispiel: Das Verschwinden der Mona Lisa
Anhand einer fiktiven Kriminalgeschichte zeigt das begleitende Erklärvideo, wie die Rekonstruktion gelöschter Bilddaten durch Carve-DL funktioniert. In dem erfundenen Szenario wird die Mona Lisa gestohlen, und alle digitalen Spuren der Tat gelöscht. Das Video veranschaulicht, wie Carve-DL aus fragmentierten Speicherdaten des Diebes die ursprüngliche Aufnahme des gestohlenen Gemäldes rekonstruiert und damit eine forensische Analyse ermöglicht.
Dieses Beispiel soll den praktischen Nutzen der entwickelten KI-Methoden verdeutlichen: Das System kann gelöschte Bildfragmente identifizieren, klassifizieren, gruppieren und korrekt anordnen – ein Prozess, der auch bei realen digitalen Beweismitteln entscheidend sein kann. Das vollständige Video finden Sie im Anhang an diese Meldung.
Technologische Meilensteine
Seit Projektbeginn im November 2022 wurden bedeutende Fortschritte erzielt und der KI-Workflow sukzessive verfeinert, um so den komplexen Anforderungen der digitalen Forensik und der Datenrekonstruktion gerecht zu werden :
1. Klassifizierungsmodelle
Neue Klassifizierungsmodelle zur Identifikation von Dateitypen in Rohdaten, die den Wiederherstellungsprozess verbessern.
2. Verifikationsmodell
Ein spezialisiertes Verifikationsmodell zur verlässlichen Rekonstruktion von Bildfragmenten.
3. Clustering-Techniken
Deep-Learning-gestützte Clustering-Techniken, die zusammengehörige Dateifragmentgruppen effizient ermitteln.
4. Reordering-Modell
Ein hochentwickeltes Modell zur Neuordnung von Fragmenten, das bereits 95 % der rekonstruierten Bildfragmente korrekt zusammensetzt.
Durch den Einsatz von Swin Transformer V2 und ResNet wurde die Effizienz des Systems erheblich gesteigert. Insbesondere durch Supportive Clustering with Contrastive Learning (SCCL) konnte die Clustering-Genauigkeit auf etwa 85 % erhöht werden.
Herausforderungen und innovative Lösungen
Eine der größten Herausforderungen im Projektverlauf war die unbestimmte Anzahl und Beschaffenheit der zu rekonstruierenden Fragmente. Carve-DL hat dieses Problem gelöst, indem die Ungewissheit bereits früh in der Pipeline durch iteratives Clustering bearbeitet wird.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Tobias Wirth
Forschunsbereich Smarte Daten & Wissensdienste
Tel.: +49 631 20575 1370
Mail: Tobias.Wirth@dfki.de
LI: www.linkedin.com/in/tobiaswirth
Originalpublikation:
https://www.dfki.de/web/news/carve-dl-paradigmenwechsel-in-der-digitalen-forensik
Weitere Informationen:
http://Projektseite des Forschungsprojekts Carve-DL: https://www.dfki.de/web/forschung/projekte-publikationen/projekt/carve-dl
http://Webartikel zum Kick-Off: https://www.dfki.de/web/news/carve-dl-kuenstliche-intelligenz-in-der-kriminalitaetsbekaempfung
http://Erklärvideo: https://www.youtube.com/watch?v=Ri_TAj1J7TI
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