Suizide dürfen in Medien kein Tabu sein
Aus Angst vor Nachahmungstaten greifen viele Medien das Thema Suizid nicht auf. Dabei kann eine passende Herangehensweise mithelfen, Selbsttötungen zu verhindern.
Die Darstellung von Suiziden in Medien, Kunst und Kultur ist eine große ethische Herausforderung. Denn es ist seit langem bekannt, dass solche Darstellungen Nachahmungstaten auslösen können. Eine verantwortungsbewusste Gestaltung von Filmen, Theateraufführungen und anderen Kunstformen dagegen kann mithelfen, Suizide zu verhindern.
Wie also sollten Film-, Fernseh- und Theaterschaffende sensibel und professionell mit dem Thema Suizid umgehen? Antworten liefert eine neue Broschüre des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (Naspro), die bei einem Pressegespräch vorgestellt wurde.
Die Bewältigung suizidaler Krisen zeigen
Professor Frank Schwab, Medienpsychologe an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, ist Mitautor der Broschüre und im Naspro als Sprecher der Arbeitsgruppe „Medien und Öffentlichkeitsarbeit“ engagiert.
Wie Schwab beim Pressegespräch sagte, sollten die Medien das Thema Suizid nicht tabuisieren. Denn die Forschung zeige, dass die Darstellung von suizidalem Verhalten positive Wirkungen haben könne – und zwar dann, wenn sie die Bewältigung einer suizidalen Krise zeigt, das hilfesuchende Verhalten von Suizidgefährdeten thematisiert oder Hinweise auf professionelle Hilfe gibt. So könnten Film- und Theaterproduktionen zur Suizidprävention beitragen und mithelfen, Leben zu retten.
Die Broschüre empfiehlt unter anderem:
• Zeigen Sie auf, wie hilfreich die Unterstützung durch den Freundeskreis, die Familie und andere Personen sein kann.
• Vermeiden Sie die Darstellung der Handlung oder der Methode des Suizids.
• Berücksichtigen Sie die besondere Situation der Hinterblieben nach einem Suizid.
Broschüre steht kostenfrei zur Verfügung
Die Broschüre wurde ursprünglich von der Weltgesundheitsorganisation in englischer Sprache herausgegeben. Erstmals gibt es sie jetzt auf Deutsch, wobei die Herausgeber von der Naspro sie mit neueren Fakten angereichert haben.
„Suizidprävention – Empfehlungen für Film-, Fernseh- und Theaterschaffende“, Broschüre zum kostenfreien Download als pdf-Datei auf dem Opus-Server der Universitätsbibliothek Würzburg: urn:nbn:de:bvb:20-opus-373923 (https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:20-opus-373923)
Mythen über die Selbsttötung
Die Broschüre ist nicht nur für Film-, Fernseh- und Theaterschaffende interessant. Sie stellt unter anderem acht Mythen über Suizide vor. Etwa den Mythos, dass die meisten Selbsttötungen plötzlich und unerwartet geschehen:
„TATSACHE: Suizide, die plötzlich und ohne Vorwarnung geschehen, sind nicht die Regel. Den meisten Suiziden gehen Warnsignale voraus, seien sie verbal oder verhaltensbezogener Art. Es ist wichtig, die Warnzeichen zu kennen und auf sie zu achten, auch wenn sie teilweise schwer zu erkennen sind.“
Weltweit gibt es jedes Jahr etwa 800.000 Suizide. In Deutschland waren es im Jahr 2022 insgesamt 10.119 Personen, die sich selbst töteten. Viele weitere Fälle bleiben womöglich unentdeckt.
Weitere Informationen:
https://www.suizidpraevention.de/ Nationales Suizidpräventionsprogramm
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