Pneumologie-Preis: Judith Brock und Mustafa Abdo für Fortschritte bei COPD-Therapie und Pneumothorax-Risiko geehrt
Den mit 10.000 Euro dotierten DGP-Forschungspreis für die klinische Medizin teilen sich in diesem Jahr Dr. Judith Brock von der Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg und Privatdozent Dr. Mustafa Abdo, der seine Studien an der LungenClinic Grosshansdorf erstellt hat. Judith Brock fand in einer retrospektiven Studie mit mehr als 500 COPD-Patientinnen und -Patienten heraus, wie sich das Risiko für eine schwerwiegende krankhafte Luftansammlung im Brustkorb – im Fachjargon Pneumothorax – nach einer endobronchialen Ventil-Implantation besser hervorsagen lässt.
Mustafa Abdo hat in zwei unterschiedlichen Studien festgestellt, wie sich bestimmte COPD-Erkrankte zielgerichteter behandeln lassen könnten. Insbesondere Betroffene mit Herzbeeinträchtigungen und ehemalige Rauchende. Die begehrten Auszeichnungen werden heute Abend im Rahmen des aktuell stattfindenden Pneumologie-Kongresses in Leipzig überreicht.
„Mit großer Freude und Respekt würdigen wir heute die herausragenden Leistungen der beiden Preisträger des DGP-Forschungspreises für klinische Medizin. Ihre Arbeiten stehen beispielhaft für Exzellenz, Innovation und den unermüdlichen Einsatz, die Grenzen unseres Wissens zu erweitern und die Patientenversorgung nachhaltig zu verbessern“, sagt Professor Wolfram Windisch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). „Die Siegerarbeiten zeichnen sich durch ihre hohe wissenschaftliche Qualität aus und sind von erheblicher Relevanz für den klinischen Alltag in der Pneumologie.“
Pneumothoraxrisiko: Bessere Entscheidungsgrundlage bei Ventil-Implantation
Das effektivste pneumologische Verfahren, um überblähte Lungen von Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) zu entlasten, ist die Implantation von Ventilen. Bei rund einem Drittel der Betroffenen entwickelt sich nach diesem Eingriff allerdings ein Pneumothorax. „Während einige Patientinnen und Patienten trotz Pneumothorax von der Ventil-Implantation profitieren, sind andere nach dem Lungenkollaps erheblich beeinträchtigt. Deswegen wollten wir wissen: Welche Unterschiede gibt es bei den Schweregraden des Pneumothorax und wie wirken sich diese auf die klinische Praxis aus?“, erklärt Judith Brock. Dafür untersuchte sie mit ihrem Team retrospektiv insgesamt 532 Patientinnen und Patienten, von denen 102 einen Pneumothorax mit unterschiedlichen Schweregraden hatten. Dabei stellte sich zum Beispiel heraus, dass das Pneumothorax-Risiko von der Lage des mit Ventilen versorgten Lungenlappens abhängt oder auch davon, wie groß der mit Ventilen versorgte Lungenlappen ist. Auf Basis dieser Studienergebnisse können Betroffene nun individueller über ihr Pneumothoraxrisiko informiert werden und haben eine bessere und sicherere Entscheidungsgrundlage für oder gegen die Ventil-Implantation. Die Arbeit der Preisträgerin wurde im November 2024 im renommierten Fachjournal „Chest“ publiziert.
Im Fokus: Herzbeeinträchtigungen und Raucher-Status bei COPD-Erkrankten
„COPD ist eine sehr heterogene Erkrankung mit unterschiedlichen Phänotypen. Mit meiner Forschung möchte ich dazu beitragen, die verschiedenen Patientengruppen noch gezielter und damit effektiver behandeln zu können”, erklärt der zweite Preisträger Mustafa Abdo, der seit einigen Wochen ebenfalls an der Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg beschäftigt ist. Eingereicht hatte er zwei – an der LungenClinic Grosshansdorf erarbeitete – wissenschaftliche Arbeiten, die im „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“ (AJRCCM) und im „European Respiratory Journal“ (ERJ) veröffentlicht wurden. In einer Studie untersuchte Abdo mit seinem Team aus Grosshansdorf zwei Arten der Herzbeeinträchtigung bei COPD-Erkrankten, die unterschiedliche Mechanismen haben, jedoch ein ähnliches Sterblichkeitsrisiko bewirken: zum einen die Herzschwäche mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) und zum anderen eine COPD-spezifische verminderte Blutrückführung zum Herzen, bedingt durch eine kleinere linke Herzkammer. „Wir fanden heraus: Durch ein gezieltes Management der unterschiedlichen Herzprobleme könnte die Lebenserwartung dieser COPD-Erkrankten verbessert werden”, resümiert Abdo.
In einer weiteren Studie befasste er sich zusammen mit seiner Kollegin Dr. Frauke Pedersen mit dem Botenstoff Interleukin-33, der als wichtiger Treiber von Entzündungen im Lungengewebe gilt. Das Forschungsteam untersuchte dafür das Sputum von Asthma- und COPD-Erkrankten. Bei letzterer Patientengruppe zeigte sich ein überraschendes Ergebnis: COPD-Erkrankte, die das Rauchen bereits aufgegeben hatten, zeigten deutlich höhere Interleukin-33-Konzentrationen im Sputum als aktive Rauchende. „Besonders Ex-Raucherinnen und -Raucher könnten also von einer Therapie gegen Interleukin-33 profitieren”, so Abdo.
Lösungen haben das Potenzial, Behandlungen nachhaltig zu verbessern
„Die beiden diesjährigen Preisträger haben mit ihrer Forschung nicht nur einen bedeutenden Beitrag zur pneumologischen Wissenschaft geleistet, sondern auch eindrucksvoll gezeigt, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in den klinischen Alltag übertragen werden können“, sagt DGP-Vorstandsmitglied Professorin Alexandra Preisser im Namen der Jury. „Besonders hervorzuheben ist die außergewöhnliche Relevanz ihrer Arbeit, die durch Präzision, Kreativität und wissenschaftliche Tiefe besticht. Sie haben es geschafft, komplexe medizinische Fragestellungen mit modernsten Methoden zu analysieren und dabei Lösungen zu entwickeln, die das Potenzial haben, die Behandlung vieler Patientinnen und Patienten nachhaltig zu verbessern.“
Über die DGP-Forschungspreise
Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) fördert herausragende Leistungen der pneumologischen Forschung mit zwei Förderpreisen: dem DGP-Forschungspreis für klinische Medizin – für die beste Arbeit aus den Bereichen pneumologische Diagnostik, Therapie, Prävention oder Rehabilitation – sowie dem DGP-Forschungspreis für experimentelle Medizin – für die beste grundlagenwissenschaftliche Arbeit aus dem Gesamtgebiet der Pneumologie. Die Preise dienen dazu, herausragende pneumologische Publikationen sichtbar zu machen und den Einstieg in eine wissenschaftliche Karriere in der pneumologischen Forschung zu erleichtern. Beide Forschungspreise sind zu diesem Zweck mit jeweils 10.000 Euro dotiert.
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