Experiment im Auwald: Baumsterben kann für Eichenverjüngung genutzt werden
Die für den Leipziger Auwald und andere deutsche Eichenwälder typischen Stieleichen können sich wegen Lichtmangels im Unterwuchs kaum noch verjüngen. Ein Grund dafür sind fehlende Überflutungen in Auwäldern. Forschende der Universität Leipzig und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) haben in einem zweijährigen Eichenexperiment im Leipziger Auwald herausgefunden, dass das aktuelle Baumsterben in Folge von Dürren und Schädlingsausbreitung in Kombination mit einer Ausdünnung bestimmter Arten im Unterwuchs für die Eichenverjüngung genutzt werden kann. Passend zu dieser Thematik ist heute (16. April) der Tag des Leipziger Auwaldes.
Die Forschenden haben untersucht, wie sich diese aktuellen strukturellen Veränderungen im Auwald auf die Stieleichenverjüngung auswirken und sich mit Pflegemaßnahmen kombinieren lassen. Dabei haben sie ausgewertet, welchen Einfluss verschiedene forstliche Pflegemaßnahmen und die damit verbundene Verfügbarkeit von Licht auf das Bestandsmikroklima und die Etablierung der Stieleiche haben.
Sie legten auf Waldflächen mit einer relativ gesunden oberen Baumschicht und auf Waldflächen mit vielen toten und kranken Bäumen im Leipziger Auwald jeweils acht Forschungsflächen an. Pro Forschungsfläche wurden auf zwei Teilflächen kleinräumig die überflutungsintoleranten Baumarten Berg- und Spitzahorn sowie Holunder aus dem unteren Bewuchs entfernt. Die jeweils anderen zwei Teilflächen blieben unbehandelt. Auf diesen sowie auf acht aus dem Leipziger Forstmanagement bereits bestehenden Femelschlägen (forstliche Auflichtungen von 0,13 bis 0,72 Hektar mit jungen Eichenanpflanzungen) haben die Wissenschaftler:innen Anfang 2022 insgesamt 1.200 einjährige Eichen in Verbissschutzgittern sowie 80 etwa fünfjährige Eichen gepflanzt und diese über zwei Jahre in ihrer Entwicklung beobachtet.
Mehr Licht für junge Stieleichen durch gelichtete Baumwipfel
„Ende 2022 haben wir bereits abgestorbene Eichen mit neuen Pflanzungen ersetzt. Wir haben in beiden Jahren im Sommer den Kronendurchmesser und im Winter die Höhe und den Wurzelhalsdurchmesser der Eichen gemessen, um ihr Wachstum berechnen zu können“, beschreibt Annalena Lenk die Methodik. Zudem seien die Eichen anhand von Blattproben auf Trockenstress untersucht worden.
Bei ihrem Eichenexperiment stellten die Forschenden fest: „Waldflächen mit hoher Baumsterblichkeit im Oberstand können gut für die Förderung von Stieleichenverjüngung genutzt werden - allerdings nur, wenn der Ahorn im Unterstand entfernt wird. Der Ahorn ist flächendeckend vorhanden. Weil sein Wachstum schneller anspringt, überwächst und beschattet er die Eichen.“, sagt Koautor Prof. Dr. Christian Wirth. Ohne die überflutungsintoleranten Arten konnten die Eichen von der stärkeren Lichteinstrahlung profitieren und sich gut entwickeln, da die Baumwipfel durch das Waldsterben gelichtet waren.
„Im Vergleich zu den Femelflächen zeigte sich, dass die Anpflanzungen auf den aufgelichteten Waldflächen weniger mit Trockenstress zu kämpfen hatten, was vor allem auf die höhere Luftfeuchtigkeit zurückzuführen war. Die Eichen profitieren zwar von steigender Lichtverfügbarkeit, dieser positive Zusammenhang wird aber durch Trockenstress abgeschwächt“, erläutert Annalena Lenk. Die Lichtverhältnisse und mikroklimatischen Bedingungen auf den Flächen mit hoher Baumsterblichkeit im Oberstand und artspezifischer Ausdünnung im Unterstand scheinen mit einer ausgewogenen Kombination aus ausreichend Licht und einem stabilen Waldmikroklima, auch in einem Dürrejahr, förderlich für die Eichenverjüngung zu sein.
Waldmanagement an Klimawandel anpassen
Die Forschungsergebnisse können in der Praxis für ein an den Klimawandel angepasstes Waldmanagement zur Biodiversitätsförderung in Betracht gezogen werden, auch als ergänzende Maßnahme zu künftigen Überflutungen. Die Forschungsflächen sind als langfristige Beobachtungsflächen angelegt, sodass in den nächsten Jahren weiterhin Daten aufgenommen werden können. So soll im nächsten Jahr eine Masterarbeit entstehen, die sich mit den Auswirkungen der verschiedenen Managementmethoden und damit Lichteinflüsse auf die Krautschicht beschäftigen wird.
Der Einfluss des Klimawandels auf Vegetationsprozesse und umgekehrt die Wirkung der Vegetation auf das Klima sind Gegenstand der Exzellenzcluster-Bewerbung "Breathing Nature" der Universität Leipzig. Der Leipziger Auwald ist in diesem Verbundprojekt eine wichtige Forschungsplattform.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Annalena Lenk
Institut für Biologie der Universität Leipzig
Telefon: +49 341 9738585
annalena.lenk@uni-leipzig.de
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1016/j.foreco.2025.122678 Veröffentlichung in Forest Ecology and Management, DOI: 10.1016/j.foreco.2025.122678
Weitere Informationen:
https://www.uni-leipzig.de/forschung/exzellenz-in-der-forschung/breathing-nature Exzellenzcluster-Bewerbung "Breathing Nature" der Universität Leipzig
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