Stimmungsumschwung in der Wirtschaft: US-Zölle bremsen Hoffnungen auf Aufschwung
GBP-Monitor zeigt: Betroffene Branchen investieren weniger, wenn globale Handelsbarrieren steigen – trotz wirtschaftsfreundlicher Koalitionspläne
Der neueste Bericht des German Business Panel (GBP) zeigt ein widersprüchliches Bild der deutschen Wirtschaftslage: Während der von CDU/CSU und SPD vorgestellte Koalitionsvertrag bei vielen Unternehmen für vorsichtigen Optimismus sorgt, belasten die Anfang April angekündigten US-Zölle die Geschäftserwartungen spürbar – insbesondere in exportstarken Branchen.
Seit dem Bruch der Regierungskoalition im November 2024 verzeichnen Unternehmen in Deutschland einen kontinuierlichen Rückgang erwarteter Geschäftsaufgaben: Der Anteil der Unternehmen, die mit einer Fortsetzung ihrer Geschäftstätigkeit in den nächsten zwölf Monaten rechnen, stieg von 82,1 Prozent im Oktober 2024 auf 87,0 Prozent im März 2025. Hintergrund ist der am 9. April 2025 vorgestellte Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD, der einige wirtschaftspolitische Anreize enthält. Vorgesehen sind unter anderem Sofortabschreibungen für Investitionen, eine schrittweise Absenkung der Körperschaftsteuer sowie ein industrieller Strompreis für energieintensive Betriebe. Im unmittelbaren Vorfeld der Koalitionsvereinbarung stiegen die prognostizierten Umsätze (+1,2 Prozentpunkte), Gewinne (+1,9) sowie Investitionen (+3,1) deutlich an.
Doch dieser Aufwärtstrend ist fragil. Nahezu zeitgleich kündigte die US-Regierung unter Präsident Trump neue Zollmaßnahmen gegenüber der EU an, unter anderem auf Maschinenbauprodukte, Kfz-Zulieferteile und IT-Komponenten. Zwar wurde zwischenzeitlich eine 90-tägige Zollpause angekündigt, doch die Unsicherheit bleibt bestehen. Bereits in den ersten Tagen nach der Ankündigung sank die Quote der Betriebe, die kurzfristig mit einer Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit rechnen, wieder auf 85,1 Prozent. Gleichzeitig fielen die Erwartungen für Umsatz und Gewinn um jeweils 1,2 Prozentpunkte.
Besonders betroffen sind exportabhängige Sektoren: Im verarbeitenden Gewerbe sanken die Investitionserwartungen um 9,5 Prozentpunkte, im Handel um rund 3 Punkte. Dagegen verzeichneten weniger exportorientierte Branchen – etwa das Baugewerbe oder das Wohnungswesen – steigende Investitionsabsichten. Diese könnten demnach stärker von den wachstumsfördernden Maßnahmen der zukünftigen Bundesregierung, wie dem geplanten Infrastrukturprojekt, profitieren. „Insbesondere in Branchen, die von Exporten in die USA abhängig sind, sind Unternehmen gezwungen, Investitionen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben oder ihre Produktion zu verlagern,“ so Thomas Simon, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mannheim und Mitverfasser der Studie.
Maik Sattelmaier, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mannheim und Mitautor erläutert: „Unsere Daten zeigen deutlich: Globale Handelskonflikte können einen wirtschaftlichen Aufwärtstrend rasch bremsen. Damit erhöhen sich nicht nur die Preise für Produkte aus Deutschland im US-Markt, sondern auch Preise für importierte Vorprodukte und der bürokratische Aufwand der Verzollung.“
Auch bei den erwarteten Betriebskosten zeigt sich die Unsicherheit der Unternehmen: Nach der Bundestagswahl gingen viele Firmen noch von einer Entlastung aus – insbesondere bei den Energiekosten (-1,1 Prozentpunkte). Die Zollankündigungen führten jedoch zu einem Anstieg der Materialkosten (+2,7 Prozentpunkte), der Verwaltungskosten (+2,9) und auch der Energiekostenprognosen (+1,9).
Die Belastungen treffen insbesondere exportorientierte Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe und dem Handel. Diese rechnen mit steigenden Beschaffungskosten, unsicheren Lieferketten und erhöhter Bürokratie. „Als Folge des Zollkonflikts müssten viele Unternehmen ihre Preise erhöhen, beispielsweise für IT-Hardware- und Softwareprodukte. Das schmälert wiederum den Umsatz und die Wachstumsaussichten für Deutschland insgesamt,“ so Studienleiter Prof. Dr. Rostam-Afschar. Er fasst zusammen: „Trotz positiver Signale aus Berlin bleibt die Politik in der Pflicht, den globalen Unsicherheiten wirksam zu begegnen – sowohl durch kurzfristige Unterstützung für besonders betroffene Branchen als auch durch eine strategische Erschließung neuer Absatzmärkte.“
Weitere Informationen zum GBP-Monitor
Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen zur Unternehmenslage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1) erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitionsänderungen, 2) unternehmerischen Entscheidungen, 3) der erwarteten Schließungsrate in der Branche und 4) der Zufriedenheit mit der Wirtschafspolitik. Zudem wird alle drei Monate zu besonders aktuellen Fragen berichtet.
Hintergrundinformationen zum German Business Panel
Das German Business Panel ist ein langfristiges Befragungspanel des DFG-geförderten überregionalen Projektes „Accounting for Transparency“ (www.accounting-for-transparency.de). Der Sonderforschungsbereich (SFB) „TRR 266 Accounting for Transparency“ startete im Juli 2019. Im Mai 2023 beschloss die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), den SFB um zunächst weitere vier Jahre zu verlängern. Er ist der erste SFB mit betriebswirtschaftlichem Schwerpunkt. Am SFB sind über 100 Wissenschaftler*innen von acht Universitäten beteiligt: Universität Paderborn (Sprecherhochschule), Humboldt-Universität zu Berlin und Universität Mannheim, zudem Forschende von der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der Frankfurt School of Finance & Management, der Universität zu Köln und der Leibniz Universität Hannover. Die Forschenden untersuchen, wie Rechnungswesen und Besteuerung die Transparenz von Unternehmen beeinflussen und wie sich Regulierungen und Unternehmenstransparenz auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken. Das Fördervolumen des SFBs beträgt rund 18 Millionen Euro.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Davud Rostam-Afschar
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181-1645
E-Mail: rostam-afschar@uni-mannheim.de
Originalpublikation:
Den „GBP-Monitor: Unternehmenstrends im April 2025“ finden Sie hier: https://www.accounting-for-transparency.de/wp-content/uploads/2025/04/gbp_monitor_Apr25.pdf
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