Aktivität stabilisiert Gemische
Asymmetrische Wechselwirkungen zwischen Molekülen können als stabilisierender Faktor für biologische Systeme dienen. Ein neues Modell der Abteilung Physik lebender Materie am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (MPI-DS) zeigt diese regulierende Rolle der Nicht-Reziprozität. Die Wissenschaftler*innen erforschen die physikalischen Prinzipien, auf deren Grundlage Teilchen und Moleküle Lebewesen und schließlich Organismen bilden können.
Die meisten Organisationen, seien es Unternehmen, Gesellschaften oder Nationen, funktionieren am besten, wenn jedes Mitglied seine zugewiesene Rolle erfüllt. Darüber hinaus beruht eine solche Effizienz oft auf einer räumlichen Organisation, die aufgrund von Regeln entstanden ist oder sich auf natürliche Weise durch Lernen und Selbstorganisation entwickelt hat. Auf mikroskopischer Ebene funktionieren Zellen in ähnlicher Weise, wobei verschiedene Komponenten bestimmte Aufgaben übernehmen. Wissenschaftler*innen des MPI-DS erforschen, wie solch komplexe biologische Strukturen überhaupt entstehen. In ihren Modellen untersuchen sie die Grundbausteine, die für die Bildung geordneter Strukturen erforderlich sind und die nur auf einfachen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Komponenten beruhen.
„In einem passiven System sind zufällige Wechselwirkungen zwischen Teilchen ausgeglichen und bilden stabile Muster“, erklärt Laya Parkavousi, Erstautorin der Studie. „Wenn wir jedoch nicht-reziproke Wechselwirkungen zum System hinzufügen, also wenn ein Teilchen von einem anderen angezogen wird, das wiederum abgestoßen wird, beobachten wir eine Aktivität, die die Mischung homogenisieren kann“, fährt sie fort. Mit anderen Worten: Nicht-reziproke Wechselwirkungen, die auch schon in früheren Studien untersucht wurden, ermöglichen es, den Zustand der Teilchenorganisation zu steuern.
„Durch Steuerung der Nicht-Reziprozität ermöglichen wir dem System, sich an verschiedene Zustände anzupassen“, sagt Navdeep Rana, ebenfalls Erstautor der Studie. „Diese Zustände können sogenannte molekulare Kondensate innerhalb einer Zelle sein, die nicht durch eine Membran getrennt sind, oder aber auch Wellen von Information, die in zellulären Signalwegen genutzt werden“, erklärt er. Die Studie bietet somit einen neuen Ansatz zum Verständnis, wie komplexe Muster und Strukturen entstehen und wie zelluläre Funktionen aufrechterhalten werden können.
Originalpublikation:
https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.134.148301
Weitere Informationen:
https://www.ds.mpg.de/4080035/250422_Saha_non-reciprocal
Die semantisch ähnlichsten Pressemitteilungen im idw
