China verlangt umfassende Sicherheiten für Kredite an Entwicklungsländer
Chinas Staatsbanken verlangen für Kredite an Schwellen- und Entwicklungsländer oft umfangreiche Sicherheiten, die über die typische Absicherung zwischen Staaten hinausgehen und den Anforderungen privater Geldgeber ähneln. Dies zeigt ein internationales Forschungsprojekt unter Beteiligung des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Demnach erhalten chinesische Banken Zugriff auf liquide und gut kontrollierbare Sicherheiten, wie insbesondere Bargeld auf Sperrkonten in China, die meist aus Rohstofferlösen des Schuldnerlands gespeist werden. Die Geldsicherheiten sind überraschend hoch und entziehen sich weitgehend der öffentlichen Kontrolle der Schuldnerländer oder internationaler Institutionen.
Die mit den Krediten finanzierte Infrastruktur wie etwa Flughäfen oder Eisenbahnen wird dagegen nur selten als Sicherheit genutzt.
Die Analyse basiert auf dem neuen Datensatz „How China Collateralizes“, der 620 besicherte Kredittransaktionen chinesischer Staatsbanken mit 158 Kreditnehmern in 57 Ländern im Gesamtwert von 418 Milliarden US-Dollar dokumentiert. Es handelt sich um die bislang umfassendste Untersuchung zur Rolle von Sicherheiten in Chinas staatlicher Auslandsfinanzierung.
Das Forschungspapier und den Datensatz finden Sie hier: How China Collateralizes/https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/how-china-collateralizes-34382/?ADMCMD_simTime=1750888800
Demnach ist fast die Hälfte von Chinas Kreditportfolio mit konkreten Sicherheiten hinterlegt, die beispielsweise über staatliche Garantien hinausgehen. In 84 Prozent der Fälle geschieht dies durch ein Sperrkonto in China, in 83 Prozent der Fälle fließen die Erlöse der wichtigsten Exportgüter auf ein solches Konto.
Dadurch erhält Peking direkten Zugriff auf liquide Mittel, ohne juristische Verfahren anstoßen zu müssen. Besonders häufig handelt es sich um Einnahmen aus dem Ölgeschäft, etwa im Falle Russlands, Brasiliens oder Venezuelas, aber auch aus dem Kakaoexport Ghanas oder Getreideverkäufen Äthiopiens.
In vielen Fällen verpflichten sich Kreditnehmer, ihre Exporteinnahmen so lange über Konten in China zu leiten, bis die Schulden beglichen sind. Über die Zeit können sich sehr hohe Summen von Milliarden US-Dollar auf den Offshore-Konten ansammeln.
Weitaus seltener ist Peking mit illiquiden Sicherheiten wie Vertragsrechten (26 %) oder den Vermögenswerten der Investitionsobjekte (6 %), von Immobilien (5 %) oder Anlagen (3 %) zufrieden.
„Wir waren überrascht, wie weitreichend und systematisch sich chinesische Gläubiger über liquide Sicherheiten absichern“, sagt Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am Kiel Institut für Weltwirtschaft und einer der Co-Autoren der Studie. „Damit untergräbt China die Gleichbehandlung von Gläubigern und schwächt die Schuldenregeln, auf die sich die internationale Gemeinschaft verständigt hat.“
Der Bericht warnt vor mangelnder Transparenz und der wachsenden Bedeutung von Sicherheiten außerhalb juristischer Regeln, die sich regulatorischer und parlamentarischer Kontrolle entziehen. Sie erschweren auch die internationale Zusammenarbeit bei der Lösung von Schuldenkrisen.
Trebesch: „Internationale Finanzinstitutionen sollten bei der Restrukturierung von Staatsschulden mehr Augenmerk auf durch Sperrkonten abgesicherte Kredite legen – sonst droht ein gefährliches Wettrüsten um Sicherheiten, das Entwicklungsländer weiter schwächt.“
Das Forschungspapier und den Datensatz finden Sie hier: How China Collateralizes/https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/how-china-collateralizes-34382/?ADMCMD_simTime=1750888800
Autoren:
Anna Gelpern ist eine Scott-K.-Ginsburg-Professorin für Recht und internationale Finanzen am Georgetown Law und Nonresident Senior Fellow am Peterson Institute for International Economics
Omar Haddad ist Rechtsanwalt und Doktorand an der Universität Oxford
Sebastian Horn ist Forschungsdirektor für den Bereich “Das Internationale Finanzsystem” am Kiel Institut für Weltwirtschaft und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg
Paulina Kintzinger ist Doktorandin am Kiel Institut für Weltwirtschaft
Brad Parks ist Executive Director von AidData und Forschungsprofessor am William & Mary's Global Research Institute
Christoph Trebesch ist Forschungsdirekter für den Bereich “Internationale Finanzen und Geopolitik” am Kiel Institut für Weltwirtschaftt und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Kiel
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