Zwischen Aufbruch und Rückkehr
Neue Studie untersucht das Umzugsverhalten junger Menschen in Ostdeutschland und zeigt, wie ländliche Kommunen sich bemühen, mit Rückkehragenturen oder Beteiligungsformaten der Abwanderung entgegenzuwirken.
Seit der Wende zieht es mehr junge Menschen vom Osten in den Westen als umgekehrt oder sie suchen ihr Glück in den Städten. Dadurch sinkt der Anteil junger Menschen vor allem im Ländlichen Raum und fällt deutlich geringer aus als in vielen westdeutschen Regionen. Die betroffenen Kommunen spüren bereits jetzt die Auswirkungen dieser Entwicklung: Den ansässigen Unternehmen fehlen Fachkräfte, Vereine finden keinen Nachwuchs und aufgrund mangelnder Nachfrage brechen immer mehr Angebote für junge Menschen weg. Eine aktuelle Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zeigt jedoch, dass genau diese Angebote ausschlaggebend dafür sein können, dass sich junge Menschen entscheiden zu bleiben.
„Die Entscheidung für oder gegen einen Wohnort ist komplex und sehr individuell. In den Gesprächen mit jungen Menschen sowie Expertinnen und Experten in über ganz Ostdeutschland verteilten Kommunen konnten wir aber zwei wesentliche Motive identifizieren: Für Ausbildung und Studium ziehen junge Menschen eher weg, für die Familiengründung tendenziell wieder zurück in die Heimat“, erklärt Dr. Florian Breitinger, Mitautor der Studie. „Wollen die Kommunen diesen Zyklus nutzen, müssen sie bereits in der Kindheit und Jugend mit geeigneten Maßnahmen die Bindung an den Herkunftsort stärken und sich für potenzielle Rückkehrende attraktiv machen.“
Es wurden acht ländliche Kommunen ausgewählt, die mit innovativen Maßnahmen der anhaltenden Abwanderung junger Menschen begegnen: Bützow in Mecklenburg-Vorpommern, Beeskow und Guben in Brandenburg, Klötze in Sachsen-Anhalt, Schmölln und Steinbach-Hallenberg in Thüringen und Ostritz und Leisnig in Sachsen. Dort kamen Bürgermeister:innen, Verantwortliche aus Verwaltung und Jugendarbeit sowie junge Menschen zu Wort. Das Ergebnis: Es braucht in jungen Jahren Treffpunkte, Mitsprache und die Möglichkeit zur eigenständigen Fortbewegung. Nach der Schule stehen dann adäquate Studien- und Ausbildungsplätze im Zentrum des Interesses. Mit der Familiengründung suchen schließlich viele junge Mütter und Väter die Nähe zu ihren eigenen Eltern. Betreuungsangebote sowie ein sicheres Umfeld klettern in der Bedürfnishierarchie nach oben.
Die Baustellen sind bekannt – doch Umsetzung ist vielerorts schwierig
Vielen Verantwortlichen in den Kommunen sind die Bedürfnisse der jungen Menschen bewusst, ihre Handlungsmöglichkeiten sind aber eingeschränkt. Klamme Kassen und Zuständigkeiten auf übergeordneter Ebene, wie etwa im Fall des öffentlichen Nahverkehrs, erschweren die Umsetzung geeigneter Maßnahmen. „Es braucht kreative und lokale Ansätze, wie beispielsweise Regionalläden oder digitale Treffpunkte, damit die Verantwortlichen den Bedürfnissen junger Menschen in den verschiedenen Lebensphasen gerecht werden können,“ so Breitinger weiter.
Viele Kommunen gehen innovative Wege
Die Beispielkommunen zeigen aber auch, dass vielerorts die Verantwortlichen mit viel Kreativität den Herausforderungen begegnen. Rückkehragenturen und Rückkehrmessen locken Weggezogene zurück in ihre Herkunftsorte, engagierte Verwaltungen unterstützen Bürger:innen bei der Umsetzung von Ideen, wie beispielsweise der Discgolf-Anlage in Ostritz und die Zusammenarbeit mit den ansässigen Verkehrsbetrieben erhöht und verbessert die Mobilität aller Bewohner:innen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
disselkamp@berlin-institut.org
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