Nachhaltiger Schallschutz für die Züge der Zukunft
Hof, 30.06.2025 - Im Forschungsprojekt „RuhBio“ arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschule Hof gemeinsam mit Industriepartnern an der Entwicklung innovativer Vliesmaterialien für den Schienenverkehr. Das Ziel ist ambitioniert: Herkömmliche Schallschutzelemente, wie sie derzeit in Zügen verbaut werden, sollen durch eine nachhaltige, biobasierte Alternative ersetzt werden. Unterstützt wird das Team durch die Unternehmen Cellofoam GmbH, ROWA F. Rothmund GmbH & Co. KG sowie das Thüringische Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung (TITK). Die Forschungsarbeiten begannen Anfang 2023 und werden bis Ende dieses Jahres abgeschlossen.
„Bislang bestehen Schallschutzkomponenten im Schienenverkehr meist aus konventionellen Schaumstoffen oder Polyestervliesen. Obwohl funktional bewährt, sind diese Materialien jedoch weder biobasiert noch biologisch abbaubar“, erläutert Robin Heinrich, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kreislaufwirtschaft der Bio:Polymere der Hochschule Hof (ibp). Um dem wachsenden Umweltbewusstsein und den Nachhaltigkeitszielen im Verkehrssektor aber gerecht zu werden, setzt das Projektteam der Hochschule Hof auf Polylactid, kurz PLA – einen Biokunststoff, der aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke gewonnen wird. PLA kommt bereits in zahlreichen Anwendungen zum Einsatz, etwa bei Verpackungen oder medizinischen Produkten. Allerdings steht dort in der Regel die biologische Abbaubarkeit im Vordergrund, nicht die Langzeitbeständigkeit.
Neue Anforderungen an ein bekanntes Material
Für den Einsatz im Schienenverkehr gelten andere Maßstäbe. Materialien müssen dort über viele Jahrzehnte hinweg stabil bleiben und extremen Umweltbedingungen standhalten. Temperaturen zwischen minus 40 und plus 100 Grad Celsius sowie hohe Luftfeuchtigkeit sind keine Seltenheit. Deshalb setzt das Projekt „RuhBio“ zwei zentrale Entwicklungsziele: Einerseits muss die Temperaturbeständigkeit des PLA-Materials deutlich erhöht werden, andererseits soll der hydrolytische Abbau, also die Zersetzung durch Feuchtigkeit, zuverlässig verhindert werden.
Hightech aus zwei Komponenten
Die Lösung liegt in einer neu entwickelten Faserstruktur: Eine sogenannte Bikomponentenfaser mit einem Kern-Mantel-Aufbau vereint die gewünschten Eigenschaften. Der Kern besteht aus einer teilkristallinen PLA-Type mit Talkanteil und verleiht dem Material die notwendige Hitzebeständigkeit sowie mechanische Stabilität. Der Mantel wiederum besteht aus amorphem PLA mit Wachsanteil. Diese Kombination macht das Vliesmaterial feuchtebeständig und ermöglicht gleichzeitig seine thermische Verfestigung.
Koffein gegen den Materialabbau
Ein besonders innovativer Ansatz ist der Zusatz von Koffein als biogener Reststoff. Dieser wird aus Kaffeeresten gewonnen und trägt dazu bei, den hydrolytischen Abbau weiter zu hemmen. Um die Materialqualität langfristig beurteilen zu können, wurde ein spezieller Hydrolysetest entwickelt. Dabei lagern Proben des neuen Materials bis zu zehn Wochen in Wasser bei 50 Grad Celsius. Vor und nach der Lagerung sowie nach einer Trocknungsphase werden sie gewogen, mikroskopisch untersucht und auf ihre mechanischen Eigenschaften getestet.
Vom Labor in den Zug
Die entwickelten Materialmischungen wurden zunächst im Labormaßstab verarbeitet. Nach erfolgreicher Optimierung konnten jetzt aber größere Mengen an Fasern produziert werden, die der Projektpartner ROWA zu Vliesen verarbeitete. Die Cellofoam GmbH übernimmt schließlich die Konfektionierung und Kaschierung und fertigt daraus einbaufertige Schallschutzelemente für den realen Einsatz.
Ein Beitrag zur Mobilität von morgen
Mit dem Projekt „RuhBio“ zeigt die Hochschule Hof eindrucksvoll, wie anwendungsnahe Forschung, ökologische Verantwortung und technologische Innovation Hand in Hand gehen können. Das Ergebnis ist ein zukunftsweisendes Material, das die hohen Ansprüche des Schienenverkehrs erfüllt und gleichzeitig neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit setzt. Damit leistet das Projekt nicht nur einen Beitrag zur technischen Weiterentwicklung, sondern auch zur umweltgerechten Mobilität der Zukunft.
Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM).
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