Weniger Blut, frühere Diagnose: Kombination zweier Methoden eröffnet neue Potentiale in der Darmkrebsfrüherkennung
Die Zahl der Darmkrebserkrankungen bei unter 50-Jährigen steigt weltweit an, insbesondere in einkommensstarken Ländern. Als mögliche Ursachen gelten westliche Ernährungsweisen, Übergewicht, Bewegungsmangel und der Einsatz von Antibiotika, vor allem in frühen Lebensphasen bis zur Jugend. Wird Darmkrebs jedoch frühzeitig erkannt, erhöhen sich die Heilungschancen erheblich. Deshalb forscht Hahn-Schickard mit Projektpartnern am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und dem Deutschen Krebsforschungszentrum an neuen Methoden zur Krebserkennung in Blutproben.
Einen vielversprechenden neuen Ansatz zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms, kurz KRK oder CRC, hat nun das Forschungsteam um Dr. Peter Jülg, Gruppenleiter für Liquid Biopsy, im Fachjournal „Analytical Chemistry“ vorgestellt. Der Beitrag „Coupling Immunoprecipitation with Multiplexed Digital PCR for Cell-Free DNA Methylation Detection in Small Plasma Volumes of Early-Onset Colorectal Cancer“ beschreibt einen Bluttest, der auf der innovativen Kombination zweier etablierter Methoden basiert – der Immunpräzipitation und der digitalen Multiplex-PCR.
„Vielversprechende Marker für Darmkrebs aus dem Blut wurden in den letzten Jahren bereits identifiziert. Das Fundament ist also gelegt“, sagt wissenschaftlicher Mitarbeiter und Erstautor Truong-Tu Truong, der den Test mit Klara Mikloska maßgeblich entwickelt hat. „Die flächendeckende Überführung in die klinische Praxis steht jedoch noch immer am Anfang. Indem wir bestehende Krebsmarker mit unserer neuartigen Methode kombinieren, kommen wir der klinischen Anwendung einen entscheidenden Schritt näher – insbesondere, da wir praktische Hürden wie die erforderliche Blutmenge stark reduzieren.“
Das neue Verfahren umgeht dieses Problem durch eine schonende, nicht-degradierende Probenaufbereitung – und erzielt dennoch eine hohe diagnostische Genauigkeit: In einer Pilotstudie mit 32 Darmkrebspatient*innen und 29 Kontrollpersonen erreichte der Test eine Sensitivität von 85 % und eine Spezifität von 90 % – bei einem zwanzigfach geringeren Probenvolumen im Vergleich zu bestehenden Methoden mit ähnlicher Genauigkeit. Eine Menge von lediglich 500 µL Blutplasma reicht aus – das entspricht ungefähr einem Fünftel Teelöffel.
Bis ein solcher Bluttest eines Tages als Teil der Routinediagnostik etabliert ist, sind noch zahlreiche weiterführende Studien notwendig. Die Nachwuchswissenschaftlerin Judith Sum, die das Verfahren weiterentwickelt, möchte insbesondere zusätzliche Marker integrieren, um die diagnostische Genauigkeit weiter zu erhöhen. Gleichzeitig verfolgt das Forschungsteam das Ziel, mit seiner Arbeit ein größeres Bewusstsein für das steigende Darmkrebsrisiko auch bei jüngeren Menschen zu schaffen – und damit einen Anstoß zu einem bewussteren Umgang mit der eigenen Gesundheit zu geben.
Die Ergebnisse sind Teil des Projekts „OUTLIVE-CRC“, das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert wird.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Peter Jülg
Peter.Juelg@Hahn-Schickard.de
Originalpublikation:
https://pubs.acs.org/doi/epdf/10.1021/acs.analchem.5c01361?ref=article_openPDF
Weitere Informationen:
https://www.outlive-crc.uni-luebeck.de/konsortium Website des Forschungsverbundes OUTLIVE-CRC
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31727158/ Studie zur Marker-Identifizierung und Referenztest mit hohem Volumenbedarf
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