Tübinger Studie zeigt: Metabolische Lebererkrankung schwächt Immunabwehrgegen Leberkrebs
Forschende des Universitätsklinikums Tübingen und des M3 Forschungszentrums
haben einen zentralen Mechanismus entschlüsselt, durch den die sogenannte
metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD;
ehemals „Fettleber“) die körpereigene Abwehr gegen Leberkrebs schwächen kann.
Unter der Leitung von PD Dr. Dr. Katrin Böttcher, Oberärztin der Abteilung für
Innere Medizin I, konnte das Team zeigen, dass sich mehrfach ungesättigte
Fettsäuren in speziellen Immunzellen der Leber ansammeln. Diese Fette lösen in
den Zellen eine Art “Stoffwechsel-Burnout“ aus – mit gravierenden Folgen für die
Immunabwehr.
MASLD (metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease) ist weltweit die
häufigste chronische Lebererkrankung – mit stark steigender Tendenz. Diese
metabolische Lebererkrankung erhöht das Risiko für Leberkrebs (Hepatozelluläres
Karzinom, HCC) deutlich. Warum gerade Patienten mit MASLD eine schlechtere
Immunabwehr gegen Lebertumoren haben, war bislang unklar.
Immunzellen verlieren ihre Anti-Tumor-Funktion
Die jetzt im Journal of Hepatology veröffentlichte Studie belegt, dass sich mehrfach
ungesättigte Fettsäuren (PUFAs) gezielt in MAIT-Zellen (mukosa-assoziierte
invariante T-Zellen) einlagern. Diese MAIT-Zellen sind Immunzellen, die besonders
zahlreich in der Leber vertreten sind und eine wichtige Rolle bei der Krebsabwehr
spielen. Die eingelagerten Fettsäuren führen jedoch zur Bildung von schädlichen
Lipidperoxiden. Das sind chemisch veränderte Fettsäuren. Diese oxidativen Prozesse
stören den Energiestoffwechsel der Zellen so stark, dass sie ihre Funktion verlieren
und durch einen speziellen Zelltodmechanismus (Ferroptose) absterben.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die veränderte Stoffwechsellandschaft in der
Fettleber direkt zur Schwächung der Immunantwort beiträgt“, erklärt Dr. Katrin
Böttcher, Letztautorin der Studie. „Insbesondere MAIT-Zellen verlieren unter dem
Einfluss dieser Fettsäuren ihre Fähigkeit, Tumorzellen zu erkennen und zu
bekämpfen.“
Wiederherstellung der Immunfunktion möglich
Besonders vielversprechend: In experimentellen Modellen konnte gezeigt werden,
dass sich die schädliche Wirkung der PUFAs pharmakologisch blockieren lässt.
Dadurch ließ sich der Funktionsverlust der MAIT-Zellen rückgängig machen – die
Zellen konnten wieder aktiv gegen Tumorzellen vorgehen. Dieser Ansatz eröffnet neue Perspektiven für die Entwicklung gezielter Immuntherapien, insbesondere für
Patientinnen und Patienten mit MASLD-assoziiertem Leberkrebs.
Zu den beteiligten Forschungseinrichtungen zählen neben dem Universitätsklinikum
Tübingen auch die Technische Universität München, das DKFZ und das Helmholtz
Zentrum München.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
PD Dr. Dr. Katrin Böttcher
Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik, Abteilung Innere Medizin I
M3 Research Center
Universitätsklinikum Tübingen
Originalpublikation:
Böttcher et al., Polyunsaturated fatty acid-induced metabolic exhaustion and
ferroptosis impair the anti-tumour function of MAIT cells in MASLD, Journal of
Hepatology (2025)
DOI: https://doi.org/10.1016/j.jhep.2025.06.006
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