Vertiefter Blick in die indonesischen Sammlungen: Sichtung liefert neue Erkenntnisse zu kolonialzeitlichen Beständen
Oldenburg. Obwohl Indonesien einst eine niederländische Kolonie war, finden sich in zahlreichen niedersächsischen Museen und Sammlungen umfassende naturkundliche und ethnologische Objektbestände aus dieser Region – so auch im Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg. Im Mai waren im Rahmen des Forschungsprojekts „Kolonialzeitliche Sammlungen aus Indonesien in Niedersachsen. Eine deutsch-niederländisch-indonesische Verflechtungsgeschichte“ die Wissenschaftlerinnen Roberta Zollo (Museumsverband für Niedersachsen und Bremen e.V.) und Annekathrin Krieger (Netzwerk Provenienzforschung in Niedersachsen) zu Gast in Oldenburg. Das Projekt wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert.
Ziel dieses ersten Besuchs war es, die Objektbestände systematisch zu sichten. Dabei konnten rund 70 ethnologische und 120 naturkundliche Objekte – vor allem von den Inseln Java und Sumatra – erfasst werden. Sie gelangten größtenteils um 1900 nach Oldenburg. Im Zuge dieser genaueren Bestandsaufnahme rückte ein Objekt in den Fokus, das bislang nahezu unbeachtet war: eine kleine Kollektion traditioneller Wayang-Schattenspielpuppen, die aufgrund einer fehlerhaften Inventarnummer im Bestand übersehen worden waren. Auffällig ist der unvollendete Zustand der Figuren - Sie sind nicht koloriert, was für Wayang-Figuren ungewöhnlich ist. Dieses Merkmal gibt wertvolle Hinweise auf den Entstehungsprozess und die Erwerbsumstände des Objekts und eröffnet Fragestellungen für weitere Forschung. Diese Wiederentdeckung unterstreicht, dass eine regelmäßige, sorgfältige und kritische Überprüfung der Sammlungsbestände im Sinne der Provenienzforschung notwendig ist. Nur so lassen sich Fehlzuordnungen korrigieren und die komplexen Wege nachvollziehen, auf denen Objekte in die Sammlungen gelangt sind. Solche Untersuchungen bilden die Grundlage für den weiteren Austausch mit externen Expert*innen und lokalen Gemeinschaften in Indonesien. Ihre Perspektiven und ihr Wissen ermöglichen wertvolle, oft tiefere Einblicke und Kontextualisierungen zu den Objekten.
Das Landesmuseum Natur und Mensch beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren intensiv mit seiner kolonialen Sammlungsgeschichte. Das aktuelle Projekt ist eine Kooperation des Museumsverbands für Niedersachsen und Bremen e.V., des Netzwerks Provenienzforschung in Niedersachsen, dem Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg sowie sieben weiteren niedersächsischen Museen. Dank der Förderung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste werden die Ergebnisse 2026 in einer internationalen Konferenz mit Beteiligung indonesischer und niederländischer Expert*innen sowie durch mehrsprachige Publikationen präsentiert.
Presseabbildungen
1_Die Wissenschaftlerinnen Annekathrin Krieger, Netzwerk Provenienzforschung in Niedersachsen, und Roberta Zollo, Museumsverband für Niedersachsen und Bremen e.V., sichten die Oldenburger Bestände indonesischer Objekte.
© Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg, Foto: Jennifer Tadge
2_Zwei unbemalte Figuren aus der wiederentdeckten Kollektion traditioneller Wayang-Schattenspielpuppen.
© Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg, Foto: Armelle Devillez
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Jennifer Tadge, M.A. j.tadge@landesmsueen-ol.de
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