PROBASE-Studie als Basis für neue Prostatakrebs-Leitlinie
Unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. wurde eine umfassende Überarbeitung der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom veröffentlicht. Die wichtigsten Neuerungen betreffen die Empfehlung zu einer risikoadaptierten PSA-basierten Früherkennung und entsprechen weitestgehend dem Protokoll der im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) koordinierten PROBASE-Studie*. Dazu zählt etwa die Empfehlung eines erweiterten Einsatzes der MRT-Diagnostik. Die Tastuntersuchung der Prostata wird zur Früherkennung ausdrücklich nicht mehr empfohlen.
Ärztinnen und Ärzte entscheiden auf der Grundlage von Leitlinien, welches Vorgehen sie einem Patienten vorschlagen. Dabei liefern die sogenannten S3-Leitlinien Handlungsempfehlungen auf dem höchsten wissenschaftlichen Qualitätsstandard. Sie beruhen auf einer gründlichen Auswertung aller verfügbaren Studien, also auf dem höchsten Evidenzniveau. Sie informieren Ärzte darüber, welche Diagnose- und Therapieverfahren bei bestimmten Erkrankungen den aktuellen Stand der Wissenschaft darstellen – und damit als medizinischer Goldstandard gelten. Für Patientinnen und Patienten heißt das: mehr Sicherheit und eine bessere Versorgung.
Veränderte Empfehlungen für die Krebsfrüherkennung
Insbesondere in der Früherkennung des Prostatakarzinoms wurden in der aktualisierten S3 Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms zentrale Empfehlungen verändert. Bislang war die sogenannte digitale rektale Untersuchung – also die Tastuntersuchung über den Enddarm – eine gängige Methode zur Früherkennung. Die neue Leitlinie spricht sich jedoch gegen die Tastuntersuchung als alleinige Methode zur Krebsfrüherkennung aus. Stattdessen empfehlen die Experten nun eine PSA-basierte Früherkennung (Prostata-spezifisches Antigen im Blut), die durch moderne Bildgebung und gezielte Biopsien ergänzt werden soll. Die Tastuntersuchung bleibt aber fester Bestandteil der individuellen Risikoabschätzung und urologischen Diagnostik.
Diese Empfehlung basiert wesentlich auf den Ergebnissen der PROBASE-Studie. Ein wichtiges, 2023 veröffentlichtes Ergebnis der Studie: Die Tastuntersuchung erkennt frühe Stadien des Prostatakrebs häufig nicht zuverlässig, während der PSA-Test in Verbindung mit neuen Diagnoseverfahren deutlich bessere Ergebnisse liefert.
„Die rektale Tastuntersuchung ist bei Männern äußerst unbeliebt und wird daher selten wahrgenommen. Ein Prostatakrebs-Screening auf der Basis eines PSA-Tests könnte daher möglicherweise sogar die Teilnahmebereitschaft der Männer steigern“, so PROBASE-Studienleiter Peter Albers, Leiter der DKFZ-Abteilung Personalisierte Früherkennung des Prostatakarzinoms und Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
Der DKFZ-Epidemiologe Rudolf Kaaks, der PROBASE gemeinsam mit Albers leitet, sagt: „Der PSA-Test hat sich in großen randomisierten Studien als eindeutig überlegen erwiesen. Wir sollten mit großem Nachdruck eine risikoadaptierte, bevölkerungsweite Einführung vorbereiten, die bei abklärungsbedürftigen Befunden die Möglichkeit einer MRT-Untersuchung beinhaltet.“
„Mit der multiparametrischen MRT können wir zusätzlich zu anatomischen Veränderungen verschiedene funktionelle Eigenschaften von Krebsgeweben visualisieren, etwa erhöhte Zelldichte oder Gefäßdichte“, erläutert Heinz-Peter Schlemmer, Leiter der Radiologie am DKFZ und verantwortlich für die MRT-Bildgebung des Heidelberger PROBASE-Studienzentrums. „Zusammen mit einem PSA gestützten Screening können wir damit vielen Männern eine Biopsie ersparen oder die Biopsie genauer steuern.“
Die S3-Leintlinie Prostatakrebs wurde unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. unter Mitwirkung von 21 weiteren Fachgesellschaften sowie Patientenvertretern des Bundesverbandes Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. überarbeitet. Finanziert wurde die Aktualisierung von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie. Das DKFZ ist mit Peter Albers und Heinz-Peter Schlemmer als Mitglieder der Leitlinienkommission maßgeblich an der Entwicklung der Empfehlungen beteiligt.
* PROBASE steht für: “Risk-adapted prostate cancer early detection study based on a “baseline“ PSA value in young men – a prospective multicenter randomized trial“. Die von der Deutschen Krebshilfe finanzierte Studie wird vom DKFZ koordiniert. In den vier Studienzentren Düsseldorf, Heidelberg, Hannover und München wurden von 2014 bis 2019 insgesamt 46.642 Männer im Alter von 45 Jahren rekrutiert.
Die neue S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom ist abrufbar unter:
www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/prostatakarzinom
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
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Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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