Der Fakultätentag Informatik empfiehlt Maßnahmen für attraktive Wege zur Professur
Universitäten droht auch in der Schlüsseldisziplin Informatik ein Mangel an exzellenten Professorinnen und Professoren. Dies liegt vor allem an den wenig planbaren universitären Karrierepfaden für hochbegabte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Fakultätentag Informatik hat nun Empfehlungen vorgelegt, um die Wege zur Universitätsprofessur attraktiver zu gestalten.
Vor allem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase, aber auch hochqualifizierte Personen in Forschungsabteilungen von Unternehmen, sehen eine Karriere als Universitätsprofessorin bzw. -professor zunehmend als unattraktiv an. Dies liegt nicht nur an den hervorragenden Perspektiven in der IT-Industrie mit ihren verlockend hohen Gehältern. Junge Talente an Universitäten erhalten erst mit Mitte oder Ende 30 Gewissheit über den Verbleib in der Wissenschaft. Dies gleicht einem Glücksspiel, weil an Universitäten derzeit alternative Karrieremöglichkeiten zur Professur fehlen, und erschwert die Entscheidung zur Gründung einer Familie.
Der Vorsitzende des Fakultätentag Informatik, Prof. Dr. Gerald Lüttgen, erklärt: „Die Juniorprofessur mit Tenure-Track wird in den Bundesländern und an den Universitäten unterschiedlich und teils wenig attraktiv umgesetzt. Oft findet eine Selektion bereits während des Berufungsverfahrens zur Juniorprofessur statt, so dass eher Personen mit einer längeren Postdoc-Phase zum Zuge kommen. Oder die Tenure-Hürde wird sehr hoch angesetzt, so dass Kandidierende an ihre Belastungsgrenzen stoßen.“ Es benötigt daher attraktive Karrierepfade an Universitäten, die in eine Professur oder eine andere unbefristete Stelle münden. Der Fakultätentag hatte bereits im Frühjahr in einem Positionspapier Stellung zu unbefristeten Stellen neben der Professur bezogen.
Ergänzend spricht der Fakultätentag Informatik nun Empfehlungen für attraktive Karrierepfade zur Professur und insbesondere für den Ausbau von Juniorprofessuren mit Tenure-Track und nur kurzer vorausgehender Postdoc-Phase aus. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase können dabei selbstverantwortlich in Lehre, Forschung und Drittmitteleinwerbung agieren. Wie international üblich muss der Tenure zwar eine Qualifikationshürde darstellen, so dass nicht jede Tenure-Track-Professur in eine dauerhafte Professur münden wird. Jedoch sollten anders als etwa an nordamerikanischen Universitäten Tenure-Track-Professuren mit einer adäquaten Anzahl von professoralen Dauerstellen hinterlegt sein.
Auf ihrem Weg zum Tenure sind Juniorprofessorinnen und -professoren durch Integration in die Fakultäten und mit Mentoring-Programmen zu unterstützen und sollten auch außerhalb der Zwischen- und Abschlussevaluationen kontinuierlich Feedback erhalten. Zielvereinbarungen und Evaluationsverfahren zum Tenure müssen dabei verbindlich und transparent sein. Dazu benötigt es hochschulübergreifende, fachspezifische Empfehlungen, an deren Entwicklung sich der Fakultätentag Informatik gerne beteiligen wird. Falls eine Evaluation nicht erfolgreich verläuft, sollte die Person für mindestens sechs bis zwölf Monate weiterbeschäftigt und bei der beruflichen Neuorientierung im universitären oder außeruniversitären Bereich unterstützt werden.
Die politisch Verantwortlichen sind aufgefordert, die Landeshochschulgesetze so zu novellieren, dass eine wissenschaftliche Karriere auch an deutschen Universitäten keine familienunfreundlichen Ortswechsel erzwingt. Ebenso müssen Aufstiege abseits von Bleibeverhandlungen möglich sein. Bei Berufungen auf W2- und W3-Professuren sollten, wie in den Ingenieurwissenschaften üblich, auch in der Informatik vermehrt herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Industrie gewonnen werden. Zudem sollten die Bundesländer den Universitäten die für die genannten Maßnahmen notwendige Grundfinanzierung verlässlich zur Verfügung stellen.
Professor Lüttgen ist überzeugt: „Die Juniorprofessur mit Tenure-Track kann so gestaltet werden, dass junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen attraktiven Karriereweg zur Professur vorfinden, der einen hohen Grad an Eigenständigkeit und Planbarkeit bietet. Die Bestenauslese ist dabei keine Einbahnstraße, sondern Teil einer modernen und international anschlussfähigen beruflichen Orientierungsphase. Auch bei negativer Evaluation hat die Person wesentliche Kompetenzen erworben, die für eine verantwortungsvolle Position in einem Unternehmen oder für eine unbefristete Stelle neben der Professur qualifizieren. Nun muss die Politik die Rahmenbedingungen schaffen, die den Universitäten die attraktive Handhabung der Juniorprofessur ermöglichen.“
Über den Fakultätentag Informatik
Der Fakultätentag Informatik der Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland (FTI) e.V. vertritt seit 1973 die Interessen der Informatik-Fakultäten und -Institute deutscher Universitäten und koordiniert die universitäre Ausbildung in der Schlüsseldisziplin Informatik. Der gemeinnützige Verein zählt heute 55 Mitglieds- und 26 Gastfakultäten mit zusammen über 100.000 Studierenden.
Der Fakultätentag Informatik engagiert sich für eine moderne Informatik, die unserer Gesellschaft bei der Bewältigung heutiger und zukünftiger Herausforderungen dient und bei der Digitalisierung aller Wissens- und Anwendungsbereiche unterstützt. Er wirkt hinsichtlich der zunehmenden Interdisziplinarität des Fachs integrierend und fördert Gleichstellung und Diversität.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Gerald Lüttgen, Vorsitzender des FTI
M. vorsitz@ft-informatik.de
T. 0951 863-3850
W. https://www.ft-informatik.de
Katja Blauel, Assistenz des FTI-Vorstands
M. assistenz@ft-informatik.de
T. 0951 863-3857
W. https://www.ft-informatik.de
Fakultätentag Informatik e.V.
c/o Universität Bamberg, Fachbereich Informatik, 96045 Bamberg
Weitere Informationen:
https://cloud.ft-informatik.de/s/wPZRXW2pmY8rY8Q - Empfehlungen des Fakultätentag Informatik für attraktive Wege zur Professur
https://cloud.ft-informatik.de/s/MiRWoqwJxAxij8Y - Leitlinien des Fakultätentag Informatik zur Schaffung unbefristeter Stellen in der universitären Informatik neben der Professur
Die semantisch ähnlichsten Pressemitteilungen im idw
