Welcher Lebensstil-Score sagt chronische Krankheiten am besten vorher?
Ein gesunder Lebensstil kann das Risiko für chronische Erkrankungen wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes deutlich senken. Doch wie lässt sich ein „gesunder Lebensstil“ wissenschaftlich erfassen und bewerten? Forschende am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben nun 13 sogenannte Lebensstil-Scores systematisch verglichen. Sie analysierten, welche darunter das Krankheitsrisiko am besten vorhersagen. Die Ergebnisse zeigen, dass bestimmte einfache Lebensstil-Scores nicht nur zur Einschätzung einzelner Krankheiten, sondern auch zur Bewertung des allgemeinen chronischen Erkrankungsrisikos und der damit verbundenen Sterblichkeit geeignet sind.
Was sind Lebensstil-Scores? Darunter verstehen Forschende wissenschaftlich entwickelte Bewertungssysteme, die erfassen, wie gesund das Verhalten einer Person ist – basierend auf mehreren bekannten Risikofaktoren. Je nach Index werden beispielsweise Rauchverhalten, Körpergewicht, Bewegungsumfang, Ernährungsweise und Alkoholkonsum berücksichtigt. Für jeden dieser Faktoren wird ein Punktwert vergeben – je gesünder das Verhalten, desto höher der Punktestand. Die Summe ergibt einen Gesamtwert, der als Maß für die „Gesundheit des Lebensstils“ interpretiert werden kann. Verschiedene Scores gewichten diese Einzelkomponenten unterschiedlich oder berücksichtigen zusätzliche Aspekte wie Schlafverhalten, soziale Kontakte oder Entzündungsmarker.
„Diese Lebensstil-Scores sind ein hilfreiches Instrument, um das individuelle Risiko für so genannte „nicht-übertragbare“ Erkrankungen greifbar zu machen – für Forschung, Prävention und möglicherweise auch im klinischen Alltag“, erklärt Studienleiter Michael Hoffmeister, Epidemiologe am DKFZ.
Doch was leisten die einzelnen Scores? Das untersuchte Hoffmeister und sein Team mit einer prospektiven Analyse, basierend auf den Daten von 76.399 Personen aus der UK Biobank, die über einen Zeitraum von durchschnittlich 10,5 Jahren beobachtet wurden. Die Forschenden verglichen den Zusammenhang von 13 verschiedenen Lebensstil-Scores mit der Entstehung und Sterblichkeit von Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes.
Die Ergebnisse: Bei allen untersuchten Scores waren höhere Werte mit einem geringeren Risiko für chronische Erkrankungen verbunden. Besonders stark war der Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes, gefolgt von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.
Beste Scores: HLS und CDRI
Zwei Indizes stachen besonders hervor: der am DKFZ entwickelte „Healthy Lifestyle Score“ (HLS) und der „Chronic Disease Risk Index“ (CDRI). Beide erwiesen sich als besonders geeignet, das Gesamtrisiko für chronische Krankheiten und die Sterblichkeit vorherzusagen. Sie beinhalten zentrale Risikofaktoren wie Rauchen und den Body-Mass-Index (BMI) – zwei Faktoren, die in ihrer Bedeutung häufig unterschätzt werden.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass einfache, klar strukturierte Scores mit wenigen, aber relevanten Komponenten – wie Rauchen und Übergewicht – besonders prädiktiv sind“, so Jie Ding, Erstautorin der aktuellen Publikation.
Forderung nach einheitlichen Empfehlungen
Derzeit existieren zahlreiche Lebensstil-Scores mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Kriterien – was sowohl für Fachpersonal als auch für die Bevölkerung zu Verwirrung führen kann. Die Forschenden sprechen sich deshalb für die Entwicklung eines einheitlichen, evidenzbasierten Lebensstil-Scores aus, der als Standardinstrument für mehrere chronische Erkrankungen in der Prävention etabliert werden könnte.
„Wir konnten zeigen, dass bestimmte Lebensstil-Scores, die für eine Krankheit entwickelt wurden, auch zur Risikoabschätzung anderer Erkrankungen geeignet sind“, sagt Michael Hoffmeister. „Organisationen, die sich mit der Prävention von Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes beschäftigen, könnten so mithilfe eines Bewertungssystems gleich mehrere Krankheitsrisiken abschätzen.“ Das würde die Kommunikation erleichtern – und der Bevölkerung helfen, die eigene Gesundheit einfacher einzuschätzen und gezielter zu verbessern.
Jie Ding, Ben Schöttker, Hermann Brenner, Michael Hoffmeister: Thirteen simple lifestyle scores and risk of cancer, cardiovascular disease, diabetes, and mortality: prospective cohort study in the UK Biobank. Int J Cancer, 2025, DOI: 10.1002/ijc.70064
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Ansprechpartner für die Presse:
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Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
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E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
E-Mail: presse@dkfz.de
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Originalpublikation:
Jie Ding, Ben Schöttker, Hermann Brenner, Michael Hoffmeister: Thirteen simple lifestyle scores and risk of cancer, cardiovascular disease, diabetes, and mortality: prospective cohort study in the UK Biobank. Int J Cancer, 2025, DOI: 10.1002/ijc.70064
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