Niklas Luhmanns Manuskripte zur Reform des öffentlichen Dienstes (1968–1974) online
Die im Zeitraum von 1968 bis 1974 entstandenen Manuskripte Niklas Luhmanns zur Reform des öffentlichen Dienstes sind ab sofort online verfügbar. Damit wird ein bedeutendes Kapitel seines Wirkens als Politikberater und Verwaltungswissenschaftler erstmals in dieser Breite zugänglich gemacht.
Seit 2015 wird an der Universität Bielefeld im Akademie-Langzeitforschungsprojekt „Niklas Luhmann – Theorie als Passion“ der umfangreiche Nachlass des Soziologen systematisch erschlossen und ediert. Die jetzt online gestellten Manuskripte geben Einblick in eine bisher wenig bekannte Seite Luhmanns: die des Politikberaters.
Unter der sozialliberalen Koalition wurde 1970 die „Studienkommission zur Reform des öffentlichen Dienstrechts“ eingesetzt, die eine grundlegende Verwaltungsreform wissenschaftlich vorbereiten sollte. Luhmann wurde als Mitglied berufen und nutzte die Gelegenheit, seine theoretischen Ansätze in der Praxis zu erproben. Seine Texte zeigen sowohl die Umsetzung abstrakter systemtheoretischer Konzepte in konkrete Empfehlungen für Politik und Verwaltung als auch seine gezielten Versuche, Einfluss auf die Arbeit und Außendarstellung der Kommission zu nehmen.
Bislang bekannt war die große empirische Studie „Personal im öffentlichen Dienst. Eintritt und Karrieren“, die Luhmann zusammen mit Renate Mayntz für die Kommission durchgeführt hat. Die jetzt veröffentlichten Manuskripte dokumentieren zentrale Stationen im Umfeld dieser Arbeit – darunter der Vortrag „Zur Soziologie des öffentlichen Dienstes“ (1968), die Stellungnahmen „Bemerkungen zur Reform des öffentlichen Dienstes“ (1969) und „Betrifft: Arbeitsgrundlage für die Kommission über Fragen der Anpassung des öffentlichen Dienstes an die gesellschaftliche Entwicklung“ oder die Veröffentlichung „Das Statusproblem und die Reform des öffentlichen Dienstes“ (1971).
Obwohl der 1973 vorgelegte zwölfbändige Abschlussbericht der Kommission politisch kaum Wirkung entfaltet hat, zeigen die Texte eindrucksvoll die Breite von Luhmanns Wirken – von wissenschaftlicher Analyse über politische Beratung bis hin zu öffentlicher Positionierung. Sein Resümee aus dem Jahr 1974 – „Einen solchen Aufwand, eine solche Anstrengung, wird man nicht so leicht wiederholen“ – markiert den Übergang zu seiner Konzentration auf die Theoriearbeit.
Die Manuskripte sind ab sofort online abrufbar: https://niklas-luhmann-archiv.de/aktuelles.
Über das Luhmann-Projekt
Das Niklas-Luhmann-Archiv ist ein Forschungsprojekt der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste im Rahmen des von Bund und Ländern geförderten Akademienprogramms, dem derzeit größten geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsprogramm in Deutschland. Ziel ist die systematische Erschließung, Digitalisierung und wissenschaftliche Aufbereitung des Nachlasses von Niklas Luhmann (1927–1998). Durch die Veröffentlichung von Manuskripten, Vorträgen und Arbeitsnotizen entsteht eine zentrale Ressource für die internationale Luhmann-Forschung sowie für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Theorie, Verwaltung und Gesellschaft.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Johannes Schmidt
Weitere Informationen:
https://niklas-luhmann-archiv.de/aktuelles
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