Digital rekonstruierte Synagogen als Ort der Erinnerung - Webseite zeigt mehr als 40 zerstörte jüdische Gotteshäuser
Darmstadt, 07. November 2025. Zerstörte Synagogen in alter Schönheit: Mehr als 40 jüdische Gotteshäuser sind ab 9. November unter https://virtuelle-synagogen.de virtuell zu erkunden und zu bewundern. Der neue Webauftritt zeigt erstmalig einen Überblick zu Rekonstruktionen von Synagogen, die seit mehr als 30 Jahren am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt entstehen. Abrufbar sind Bilder, Filme und Panoramen von den virtuellen Modellen sowie Informationen zu den ehemaligen Synagogen. Schwerpunkt sind jüdische Gotteshäuser, die von den Nazis 1938 zerstört wurden.
Initiiert und geleitet wird das Projekt von Dr.-Ing. Marc Grellert, Leiter des Forschungsbereichs Digitale Rekonstruktion am Fachgebiet Digitales Gestalten. Ziel ist es, den kulturellen Verlust und die Schönheit der einst in Deutschland vorhandenen Synagogen-Architektur vor Augen zu führen, aber auch die frühere Bedeutung für das Stadtbild zu würdigen. Die Idee entstand im Jahr 1994 nach einem Brandanschlag von Neonazis auf die Synagoge in Lübeck. Dem Anschlag sollte mit dem Sichtbarmachen zerstörter Synagogen ein Zeichen gegen Antisemitismus entgegengestellt werden. Gleichzeitig wollte das Projekt einen Beitrag zum Gedenken an die Shoa leisten. Angesichts des bedrohlicher werdenden Antisemitismus und zunehmender Unkenntnis über die Zeit des Nationalsozialismus hat das Projekt nicht an seiner gesellschaftlichen Aktualität verloren.
Mehr als 40 Synagogen sind im Laufe der Zeit am Fachgebiet Digitales Gestalten und bei der Architectura Virtualis, Kooperationspartnerin der TU Darmstadt, virtuell rekonstruiert worden. Weitere zehn sind in Bearbeitung und sollen in den nächsten zwei Jahren die Sammlung ergänzen. Auf der neuen Webseite sind sowohl kleinere Landsynagogen wie auch große städtische Gotteshäuser zu sehen. Die Sammlung der virtuellen Synagogen gibt auch einen Überblick über verschiedene Stilrichtungen und liturgische Ausrichtungen und bietet Nutzer:innen die Möglichkeit, sich insgesamt zu jüdischen Sakralgebäuden zu informieren. Die virtuellen Rekonstruktionen umfassen neben Synagogen, die in der NS-Zeit zerstört worden sind, auch die mittelalterlichen Synagogen in Köln, Worms und Speyer sowie die barocken Gotteshäuser in Horb und in der Frankfurter Judengasse.
Aktueller Schwerpunkt der Arbeiten ist das Teilprojekt „Synagogen im Rhein-Main-Gebiet“: 13 Synagogen aus Frankfurt, Darmstadt und Mainz sollen virtuell rekonstruiert werden. Erste Ergebnisse sind in dem neuen Webauftritt bereits zu sehen. Hier rekonstruieren zunächst Studierende des Fachbereichs Architektur Synagogen. Anschließend übernimmt das Team vom Fachgebiet Digitales Gestalten deren Ergebnisse und führt sie professionell weiter. Das Projekt bietet so Studierenden die Möglichkeit, digitale Kompetenzen in gesellschaftlich relevanten Themenfeldern zu erlernen. Das Projekt versteht sich als Beitrag gegen Antisemitismus und hat sich der Sichtbarmachung jüdischen Lebens verschrieben. So bringt es diese Themen in die universitäre Lehre ein und eröffnet jungen Menschen eine Chance, in der Erinnerungskultur mit den digitalen Werkzeugen des 21. Jahrhunderts aktiv mitzuarbeiten.
Darüber hinaus werden derzeit in einer Kooperation mit der Frankfurter Goethe-Universität drei weitere Synagogen in Hessen virtuell rekonstruiert. Diese Rekonstruktionen sind Teil des von der Hessischen Landesregierung sowie der Evangelischen und Katholischen Kirche geförderten Projekts "Synagogen-Gedenkbuch Hessen" des Buber-Rosenzweig-Instituts für jüdische Geistes- und Kulturgeschichte der Moderne und Gegenwart.
Die Seite geht zum 9. November online, der Jahrestag der Novemberpogrome 1938. Das Startdatum ist ebenfalls ein Zeichen und ein Stück Erinnerungskultur. Zukünftig werden auch alle neu rekonstruierten Synagogen auf der Webseite zu finden sein.
Hintergrund
Das Teilprojekt „Synagogen im Rhein-Main-Gebiet“ wird gefördert vom Präsidium der TU Darmstadt, der Stiftung Giersch, der Dotter-Stiftung, der Entega-Stiftung, der Mengler-Stiftung sowie der Darmstädter Sparkasse und den Städten Darmstadt, Frankfurt und Mainz. Die neue Webseite wurde durch Synergien mit dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt „IDOVIR“ ermöglicht, das ein Gemeinschaftsvorhaben der TU Darmstadt und der HTW-Dresden ist.
Der Webauftritt: https://virtuelle-synagogen.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Marc Grellert
Fachbereich Architektur
Digitales Gestalten
grellert@dg.tu-darmstadt.de
Weitere Informationen:
https://Der Webauftritt: https://virtuelle-synagogen.de
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