Den »Zeitgeschichte digital«-Preis 2022 gewinnen Rüdiger Bergien, Sophie Genske und Juliane Röleke
Der Verein der Freunde und Förderer des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung zeichnete heute Abend in Potsdam gleich drei Texte mit dem diesjährigen »Zeitgeschichte digital«-Preis aus: Der Historiker Professor Rüdiger Bergien erhielt für seinen Beitrag „Intelligence History“, der einen Überblick über die Erforschung der Geschichte der Geheimdienste gibt, den Preis in der Kategorie „Wissenschaft“. In der Kategorie „Wissenschaftskommunikation“ wurden Sophie Genske für die Herausgabe des Dossiers „Restitution und Postkolonialismus“ und Juliane Röleke (HU Berlin/ZZF) für ihren Text „Superstars im Kriegsgebiet? ausgezeichnet, in dem sie Bilder der Punkband „The Clash“ analysiert.
Der Text von Rüdiger Bergien erschien auf dem Online-Portal docupedia.de. In der Kategorie „Wissenschaftskommunikation“ überzeugten die Beiträge von Sophie Genske und Juliane Röleke, jeweils publiziert auf dem Online-Portal zeitgeschichte-online.de, punktgleich. Juliane Röleke, die bei der Preisverleihung nicht persönlich teilnehmen konnte und via Zoom zugeschaltet war, analysiert in ihrem Beitrag Fotos von „The Clash“, auf denen die Punkband während des Nordirlandkonflikts in Belfast zu sehen ist. Die Preise wurden Im Rahmen einer Festveranstaltung am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung vergeben. Die drei Beiträge erhielten jeweils eine Preissumme von 500 Euro.
Auch das Rahmenprogramm widmete sich brisanten Fragen: Professorin Annette Vowinckel vom ZZF verdeutlichte den notwendigen bildethischen Umgang mit Kriegsfotografie; Alexander Gatzsche von Blue Shield Deutschland erläuterte das Anliegen der Kulturgut-Rettung im Ukraine-Krieg. Der Historiker und Filmautor Felix Moeller schilderte anhand seines Dokumentarfilms "Jud Süß 2.0" die Verbreitung antisemitischer Feindbilder im Internet.
Der »Zeitgeschichte digital«-Preis wird jährlich seit 2017 vom Verein der Freunde und Förderer des ZZF Potsdam vergeben. Es ist die erste Auszeichnung in Deutschland, die sich dezidiert digitalen Publikationen in den Geschichtswissenschaften widmet. Der Preis ist benannt nach der Internet-Plattform »Zeitgeschichte digital« des ZZF, die unter anderem die vier am Institut entwickelten und redaktionell betreuten Online-Angebote »Docupedia-Zeitgeschichte«, »Visual History«, »zeitgeschichte | online« und die »Zeithistorische Forschungen« vernetzt. Jährlich erscheinen auf diesen Portalen 150 bis 200 Beiträge.
Erstmals seit 2017 verlieh der Verein in diesem Jahr den »Zeitgeschichte digital«-Preis in zwei Kategorien: Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation. „Mittlerweile bildet nicht allein exzellente Forschung, sondern ebenso die hervorragende Vermittlung von Forschungsergebnissen in die Öffentlichkeit ein Markenzeichen des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung“, erläutert Martin Gorholt, der Vorsitzende des Fördervereins.
Preisträger Prof. Dr. Rüdiger Bergin gibt in seinem auf dem Internet-Portal »Docupedia-Zeitgeschichte« publizierten Text einen Überblick über die Entwicklung der zeithistorischen Erforschung der Geheimdienste. Überzeugend zeige der Autor, der an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung für den Fachbereich Nachrichtendienste zuständig ist, dass es sich bei „Intelligence History“ nicht allein um die Rekonstruktion von Spionage handelt, so die Jury. Vielmehr lege die Geschichte der Nachrichtendienste grundlegende Pathologien und Konflikte informationsbasierter Gesellschaften frei.
Sophie Genske, Master-Studentin im Fach „Global History“ an der Freien Universität Berlin, gelang es nach Meinung der Jury, die unterschiedlichen Facetten der öffentlichen Diskussion um „Restitution und Postkolonialismus“ auszuleuchten. Die von ihr edierten Texte behandeln Kolonialverbrechen ebenso wie die Rückgabe von Raubgut oder die Neukonzeption von Museen. Sie bieten eine sehr lehrreiche Einführung in ein hochaktuelles historisch-politisches Streitfeld und seien ein Beispiel für gelungene Wissenschaftskommunikation, so die Jury.
In der Kategorie „Wissenschaftskommunikation“ überzeugte auch Juliane Rölekes Analyse von Bildern der Punkband „The Clash“. Die Band posierte 1977 in den Straßen des vom Bürgerkrieg gezeichneten Belfast für den britischen Musikfotografen Adrian Boote. Die Autorin, die an der Humboldt-Universität zu Berlin und am ZZF Potsdam über Gewalt und Geschlecht im Nordirlandkonflikt promoviert, verdeutlicht die Ambivalenz von politischer Haltung und Vermarktung: Spiegelungen von „Männlichkeit“ in Punkkultur wie Soldatentum werden ebenso gezeigt wie der Punk als „perfekter Soundtrack“ für das Leben in der Kriegszone hinterfragt wird.
Die Jury für den diesjährigen Preis bildeten: Jutta Braun, Martin Gorholt, Helmut Knüppel, Christopher Neumaier, Sandra Starke, Peter Ulrich Weiß, Uwe Zöllner und Irmgard Zündorf.
Die prämierten Texte finden Sie hier:
Rüdiger Bergien, Geschichte der Nachrichtendienste / Intelligence History
Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 05.01.2021
http://docupedia.de/zg/Bergien_geschichte_der_nachrichtendienste_v1_de_2021
Sophie Genske (Hg.), Restitution und Postkolonialismus. Zeitgeschichtliche Perspektiven auf die Debatten der Gegenwart
in: Zeitgeschichte-online, Februar 2021
https://zeitgeschichte-online.de/themen/restitution-und-postkolonialismus
Juliane Röleke, Superstars im Kriegsgebiet? Über die ambivalenten Fotografien von The Clash in Belfast 1977
in: Zeitgeschichte-online, April 2021
https://zeitgeschichte-online.de/geschichtskultur/superstars-im-kriegsgebiet
Weitere Informationen:
https://search.zeitgeschichte-digital.de - Internetplattform „Zeitgeschichte digital“
https://zzf-potsdam.de - Website Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung
https://zzf-potsdam.de/de/institut/freunde - Website Verein der Freunde und Förderer des ZZF