Preiswerter Frühlings- oder erlesener Piemont-Trüffel? / Neue Analysemethode kann Lebensmittelbetrug aufklären
Einige Trüffelspezies sind besonders teuer und daher oft auch das Ziel von Lebensmittelbetrug. Beispielsweise lassen sich hochpreisige Piemont-Trüffel (Tuber magnatum) anhand ihres Aussehens oft nur schwer von den preiswerteren Frühlingstrüffeln (T. borchii) unterscheiden. Zwei Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München haben nun eine neue Analysemethode entwickelt. Mit dieser lassen sich beide Trüffelspezies anhand von nur zwei Markerverbindungen objektiv und eindeutig unterscheiden. „Die Methode ist grundlegend auch für Routineanalysen geeignet“, erklärt Studienleiter Martin Steinhaus.
Sowohl Piemont- als auch Frühlingstrüffel gehören zu den weißen Trüffeln. Im Gegensatz zu schwarzen Trüffeln, verfügen weiße über ein intensives Aroma. Da sich dieses beim Erhitzen verflüchtigt, wird der weiße Trüffel nicht mitgekocht, sondern über das fertige Gericht gehobelt.
Eins der teuersten Lebensmittel
Der Piemont-Trüffel gilt mit einem Preis von 2.000 bis 3.000 US-Dollar pro Exemplar als eines der teuersten Lebensmittel der Welt. Im Gegensatz dazu kostet derzeit ein Frühlingstrüffel nur 250 bis 700 US-Dollar. Der höhere Preis des Piemont-Trüffels hängt mit seinem kräftigeren und reicheren Aroma sowie Schwierigkeiten bei dessen Kultivierung zusammen. Während andere Trüffel, einschließlich des Frühlingstrüffels, erfolgreich in Plantagen gedeihen, ist der gezielte Anbau des Piemont-Trüffels bisher kaum gelungen.
Während es einerseits beträchtliche Unterschiede bei Preis und Verfügbarkeit gibt, ist andererseits das Erscheinungsbild des Piemont- und Frühlingstrüffels sehr ähnlich. „Daher ist natürlich der Anreiz groß, billige und leicht erhältliche Frühlingstrüffel als Piemont-Trüffel zu vermarkten“, sagt Erstautor Philipp Schlumpberger.
Zwei Trüffelmarker identifiziert
Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projektes, haben die beiden Freisinger Wissenschaftler jetzt eine neue analytische Methode entwickelt. Mit dieser lassen sich beide Trüffelspezies objektiv anhand von nur zwei Markerverbindungen unterscheiden. Es handelt sich um Furan-2(5H)-on und Bis(methylsulfanyl)methan.
In ihrer Studie nutzten die beiden Forscher unter anderem das am Leibniz-Institut entwickelte und etablierte automatisierte Solvent-Assisted Flavor Evaporation (aSAFE)-Verfahren. Mit diesem lassen sich insbesondere auch hitzeempfindliche flüchtige Lebensmittelinhaltsstoffe artefaktfrei und reproduzierbar isolieren. „Dies war sehr hilfreich, um die beiden Substanzen unter tausenden anderer Verbindungen zu finden und ihre Markereigenschaft anschließend mithilfe exakter Quantifizierungsmethoden zu belegen“, erklärt Martin Steinhaus.
In den Proben der Piemont-Trüffel fanden die Wissenschaftler im Vergleich zu den Frühlingstrüffelproben ausnahmslos höhere Konzentrationen an Bis(methylsulfanyl)methan. Dagegen war die Furan-2(5H)-on-Konzentration in allen Frühlingstrüffelproben deutlich höher als in den Piemont-Trüffelproben.
„Zusammenfassend zeigen unsere Daten, dass die Quantifizierung der beiden Markerverbindungen ein geeigneter analytischer Ansatz ist, um objektiv zwischen den beiden Trüffelspezies zu unterscheiden“, so Lebensmittelchemiker Martin Steinhaus weiter. In Anbetracht der vergleichsweise geringen Anforderungen an die Geräteausstattung für die quantitative Bestimmung könne laut Forscher die Methode direkt in der Routineanalyse eingesetzt werden.
Publikation: Schlumpberger, P., and Steinhaus, M. (2024). Identification of bis(methylsulfanyl)methane and furan-2(5H)-one as volatile marker compounds for the differentiation of the white truffle species Tuber magnatum and Tuber borchii. J Agric Food Chem. https://www.doi.org/10.1021/acs.jafc.4c00714
Förderung: Die Studie wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Innovationsförderprogramms gefördert (Förderkennzeichen 2816504314).
Hintergrundinformationen:
Informationen zum automatisierten Solvent-Assisted Flavor Evaporation (aSAFE)-Verfahren
Kontakte:
Experten-Kontakt:
PD Dr. Martin Steinhaus
Leiter der Arbeitsgruppe Food Metabolome Chemistry
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
an der Technischen Universität München (Leibniz-LSB@TUM)
Lise-Meitner-Str. 34
85354 Freising
Tel.: +49 8161 71-2991
E-Mail: m.steinhaus.leibniz-lsb@tum.de
Pressekontakt am Leibniz-LSB@TUM:
Dr. Gisela Olias
Wissenstransfer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 8161 71-2980
E-Mail: g.olias.leibniz-lsb@tum.de
https://www.leibniz-lsb.de
Informationen zum Institut:
Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München besitzt ein einzigartiges Forschungsprofil an der Schnittstelle zwischen Lebensmittelchemie & Biologie, Chemosensoren & Technologie sowie Bioinformatik & Maschinellem Lernen. Weit über die bisherige Kerndisziplin der klassischen Lebensmittelchemie hinausgewachsen, leitet das Institut die Entwicklung einer Systembiologie der Lebensmittel ein. Sein Ziel ist es, neue Ansätze für die nachhaltige Produktion ausreichender Mengen an Lebensmitteln zu entwickeln, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile an den gesundheitlichen und nutritiven Bedürfnissen, aber auch den Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher ausgerichtet sind. Hierzu erforscht es die komplexen Netzwerke sensorisch relevanter Lebensmittelinhaltsstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit dem Fokus, deren physiologische Wirkungen systemisch verständlich und langfristig vorhersagbar zu machen.
Das Leibniz-Institut ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft (https://www.leibniz-gemeinschaft.de/), die 97 selbständige Forschungseinrichtungen verbindet. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen - u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.
+++ Bleiben Sie über unseren X-Kanal auf dem Laufenden twitter.com/LeibnizLSB +++
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
PD Dr. Martin Steinhaus
Leiter der Arbeitsgruppe Food Metabolome Chemistry
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
an der Technischen Universität München (Leibniz-LSB@TUM)
Lise-Meitner-Str. 34
85354 Freising
Tel.: +49 8161 71-2991
E-Mail: m.steinhaus.leibniz-lsb@tum.de
Originalpublikation:
Schlumpberger, P., and Steinhaus, M. (2024). Identification of bis(methylsulfanyl)methane and furan-2(5H)-one as volatile marker compounds for the differentiation of the white truffle species Tuber magnatum and Tuber borchii. J Agric Food Chem. https://www.doi.org/10.1021/acs.jafc.4c00714
Weitere Informationen:
https://www.leibniz-lsb.de/presse-oeffentlichkeit/pressemitteilungen/pm-20220729-pressemitteilung-asafe Informationen zum automatisierten Solvent-Assisted Flavor Evaporation (aSAFE)-Verfahren
https://youtu.be/_LnGns5As5s Video zum aSAFE-Verfahren