„Elvis Presley wird Deutscher“ – Neue Ausgabe der „Zeithistorischen Forschungen“
„Wo er sich auf der Straße zeigte, hing eine dichte Traube von Fans an ihm“, schrieb „Bravo“ 1958. Das Jugendmagazin begleitete Elvis Presley zu Beginn seiner Dienstzeit als US-Soldat in Hessen beim „Ausgang“. Es war nicht der erste und nicht der letzte „Bravo“-Bericht über den Sänger, der nun auch zum Schauspieler wurde. Ein Beitrag im neuen Heft der „Zeithistorischen Forschungen“ erläutert das Elvis-Marketing anhand des Films „G.I. Blues“ (deutscher Titel: „Café Europa“) von 1960. Der Artikel ist einer von neun Beiträgen in der aktuellen Ausgabe der „Zeithistorischen Forschungen“, die ein vielfältiges Themenspektrum bietet (https://zeithistorische-forschungen.de).
Wie Mathias Häußler zeigt, markiert der Elvis-Film „die rasante Entwicklung einer transatlantischen Unterhaltungs- und Popkultur seit den späten 1950er-Jahren“. Die beteiligten Produzent:innen überließen in einer crossmedialen Verwertungskette nichts dem Zufall und waren damit kommerziell äußerst erfolgreich.
Doch es gab in der Bundesrepublik der damaligen Zeit auch noch ganz andere Formen populärer Kultur: In einem Aufsatz über das 1957 gestartete, insgesamt 40-bändige „Fischer Lexikon A-Z“ schildert Ute Schneider, wie es gelang, mit anspruchsvollen Inhalten aus allen Wissensgebieten im Laufe von gut zwei Jahrzehnten ebenfalls ein Millionenpublikum zu erreichen. Das preiswerte Medium Taschenbuch in Kombination mit der Bildungs- und Hochschulexpansion machte dies möglich.
Zwei andere Beiträge beschäftigen sich mit der Geschichte (und Gegenwart) der USA: Jürgen Martschukat, Alexander Obermüller und Lisa Patt historisieren dortige „Identitätspolitiken“ seit den 1970er-Jahren. Sie unterscheiden eine „reaktionär-hegemoniale“ und eine „emanzipatorische“ Variante. Beide Lager, die religiös-konservative und die progressive Seite, stritten insbesondere über Vorstellungen von Geschlechterverhältnissen und Sex – wobei zugleich Grundfragen von Demokratie und Partizipation verhandelt wurden. Constantin M. März betrachtet die Wahlkampagne des Republikaners Barry M. Goldwater von 1964, ein markantes Beispiel „politischer Polarisierung“ in den USA. Goldwater verlor die Präsidentschaftswahl gegen seinen Kontrahenten Lyndon B. Johnson damals klar, aber einige der damaligen Konfliktlinien und Strategien wirken heute beklemmend aktuell.
Der Slogan „Black is beautiful“ stammt zunächst ebenfalls aus den USA. Seit 1972 hat sich die CDU/CSU dieses Motto für mehrere Wahlkämpfe in der Bundesrepublik angeeignet, um sich ein jüngeres, „moderneres“ Image zu geben. Die Partei war auf der Führungsebene zwar von weißen Männern dominiert, wurde in der damals gängigen politischen Farbenlehre jedoch als „die Schwarzen“ bezeichnet. Wie Anna von der Goltz veranschaulicht, fehlte es in der Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik lange an Sensibilität für teils manifeste, teils unterschwellige Formen des Rassismus.
Vier Beiträge in der Rubrik „Neu gelesen“ runden das Heft mit Relektüren älterer Bücher ab (Werke von Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Günther Anders, Eric Hobsbawm, Richard Sennett).
Die „Zeithistorischen Forschungen“ werden am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (https://zzf-potsdam.de) herausgegeben von Frank Bösch und Martin Sabrow. Die Zeitschrift erscheint gedruckt im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/zf) und zugleich im Open Access (https://zeithistorische-forschungen.de).
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https://zeithistorische-forschungen.de/3-2023
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